Die Sache mit dem Maikäfer u. d. Gravitationswellen

Handymania

Die Sache mit dem Maikäfer u. d. Gravitationswellen

Beitrag von Handymania » 15. Februar 2013 09:48

Pseudo-Skeptiker sind dafür bekannt, dass ihre (überheblichen) Meinungen angeblich auf wissenschaftl. vollendeten Tatsachen beruhen. Dabei wird auch gerne mal die eigene Recherche vernachlässigt oder einfach nur das subjektiv empfundene Weltbild so zu recht gerückt, dass es in einen erwünschten Kontext passt.
Folgendes Bsp. aus dem IZgMF, 7. Febr. 2013, um 00:21!!!:
„Wissenschaftliches Fehlverhalten (Allgemein)“
Robert: „Die KO-Ini verarscht Laien. … Bewusst oder grob fahrlässige Falschangabe ist zum Beispiel: Maikäfer reagieren auf Gravitationswellen, bzw deren "Interferenzmustern".
Jeder Physiker lacht sich tot. Laien werden den Witz nicht verstehen. Schade.
Hier hat sich jemand die Mühe gemacht nachzusehen, was dahinter steckt.“

Haben Sie sich schon zu tote gelacht, hoffentlich nicht. Im Grunde ist diese Redensart wissenschaftlich gesehen Stuss: „Ist es möglich, sich im wahrsten Sinne des Wortes totzulachen? „Nein“, sagt der Lachforscher und Humanbiologe Professor Carsten Niemitz von der Freien Universität Berlin. „Man kann zwar beim Lachen genauso sterben wie beim Zähneputzen, die Ursache für den Tod ist das aber nicht.““
http://www.focus.de/gesundheit/gesundle ... 59130.html

Zurück zum Thema.
Der Link von „Robert“ führt zu einem Pamphlet im IZgMF über Dr. Warnkes Schrift zu „BIENEN, VÖGEL UND MENSCHEN - Die Zerstörung der Natur durch ‚Elektrosmog’“, Autor der Streitschrift ist ein GWUP-Physiker.
Gleich zu Anfang wird in gewohnter Weise etwas von Scharlatanerie gefaselt, um sich dann auf das bis heute nicht messbare Phänomen zu stürzen, das sich in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts während eines Experimentes ereignete – das vom Schweizer Entomologen F. Schneider aus damaliger Ermangelung an ähnlichen Experimenten benannte "ultraoptische Orientierung" des Maikäfers.
Im Pamphlet wird das Ganze dann als dramatische Tatsache verkauft: es sind „Gravitationswellen“ (für Physiker, die alles messen wollen eine Zumutung) - nicht vermutlich, wahrscheinlich, sondern Fakt.
Wobei diese selbst für F. Schneider eine mögliche bzw. die wahrscheinlichste „Unbekannte“ im Experiment waren.

Flugs wurde dann diese selbstherrliche und ungeheuerliche Erkenntnis eines Pseudo-Skeptikers in die Wiki-Literaturquelle eines anonym agierenden Internetprangers ungeprüft übernommen (schreiben dort zufällig auch Physiker?) – denn in der großangelegten Cyber-Mobbing-Zentrale (laut PromedWatch.de: „industrielles Cyber-Mobbing“ - http://promedwatch.blogspot.de/2012/12/ ... amcom.html) hält man auch nicht allzu viel von sauberer Recherche bzw. Überprüfung dessen, was "Kollegen im Geiste" schreiben. Die „Mühe“ wurde somit nur zur Freude in den eigenen Reihen gereicht.

Handymania

Beitrag von Handymania » 15. Februar 2013 10:00

Schauen wir, was eine ca. 45-minütige Internet-Recherche zum Thema ans Tageslicht hervor brachte:
1. Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1970 - 1977
F. Schneider: Die Bestimmung der Länge von "Gravitationswellen" mit sinnesphysiologischen Methoden, und weitere Beweise für ultraoptisch determiniertes Verhalten richtungweisende magnetischer Felder. 2:203-232
Es folgt ein „Abstract“ in deutscher Sprache mit folgender Bemerkung am Ende:
„Bemerkung: bei einer Review durch Physiker wäre dieser Artikel nicht so gedruckt worden. Es handelte sich wahrscheinlich um Mikroseismik. "
http://www.ngzh.ch/Viej1970_77Long.html

2. Dr. Warnke schreibt richtigerweise in der Bienenschrift auf Seite 14 (kleingedruckte Spalte! – die muss man erst mal finden):
…„Letztlich wird mit dem Einfluss eines physikalischen Feldes oder einer Strahlung gerechnet, die zeitlich und örtlich nach unbekanntem Programm variabel ist und von einem unbekannten Rezeptor im Maikäfer für unbekannte Zwecke registriert wird, deren Existenz von Physikern aber bezweifelt wird, da sie sich mit keinem Instrument nachweisen lässt.
Quelle siehe weiter unten.

Dr. Warnke konstatiert, dass es dafür keine Messmethoden gibt.
Diese Aussage wird aber im Pseudo-Skeptiker Pamphlet geflissentlich unter den Tisch fallen gelassen.
Das die Ergebnisse dennoch wissenschaftlich interessant und relevant sind, auch ohne Endgültigkeiten, wird ebenfalls unterschlagen.
Allein die pseudo-skeptische Hervorhebung, dass F. Schneider ein (Hobby-) Rutengänger ist, scheint von immenser Bedeutung zu sein. Denn damit kann man als Pseudo-Skeptiker mit subjektivem Weltbild gleich zum allgemeinen Rundumschlag ausholen – alles Mist, was Dr. Warnke und F. Schneider von sich geben (wie beschrieben – eine kleingedruckte Spalte ist der Auslöser eines ideologischen Tsunami). Oder ist den Pseudo-Skeptikern insgesamt die damalige kritische Pestizid-Einstellung, ergo industriefeindlich = fortschrittshindernd, von F. Schneider ein Dorn im Auge gewesen (s. ganz unten)? Aber soweit wurde mit Sicherheit nicht recherchiert.

Die oben in der Vierteljahresschrift erwähnte Mikroseismik als wahrscheinliche Ursache ist demnach nur eine weitere Vermutung. Denn, wie es in einem Artikel zu „Ameisen können drohende Erdbeben quasi riechen“ (Die Welt, 2011) heißt:
„Schreiber nimmt an, dass die Ameisen möglicherweise nicht nur auf das ausströmende Gas, sondern auch auf akustische, elektromagnetische und mikroseismische Signale aus der Tiefe reagieren, die dem Erdbeben vorangehen. Diese können von Menschen bislang nicht gemessen werden.
http://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/ ... echen.html

Ebendies hat in Wiederholung von oben Dr. Warnke richtigerweise in seiner Schrift korrekt festgehalten.
In logischer Konsequenz müsste nach Methode der Pseudo-Skeptiker der Ameisenforscher sofort an den Pranger gestellt werden, da dieser keine messbaren Ergebnissen während seiner interessanten Arbeit erhalten hatte. Noch schlimmer – die Feststellung, dass Ameisen u.a. auf elektromagnetische Signale reagieren können.

3. Das akribisch geführte Experiment von F. Schneider ist bis heute spannend aktuell und anerkannt - folgendes Beispiel:
Der experimentelle Nachweis magnetischer, elektrischer und anderer ultraoptischer Informationen†
1. Fritz Schneider
2. Gekürzte Fassung eines Festvortrags anläßlich der Verleihung der Karl-Escherich-Me-daille der Deutschen Gesellschaft für angewandte Entomologie am 26. März 1974 in Freiburg i. B.
Article first published online: 26 AUG 2009
DOI: 10.1111/j.1439-0418.1974.tb03251.x
1974 Blackwell Verlag GmbH

Im "Abstract" heisst es u.a.:
„Es werden Methoden zur Untersuchung der Orientierung nach magne-tischen und elektrischen Feldern und nach Melofeldern (wahrscheinlich Gravitationswellen) beschrieben.“
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1 ... x/abstract

Interessant. An dieser Stelle werden Gravitationswellen (nicht Mikroseismik oder anderes) als wahrscheinliche Ursache vermutet und benannt. Wohlgemerkt: 2009 in einem bedeutenden Fachmagazin.

4. Doch selbst die U.S.-amerikanische Agrarbehörde findet die Arbeiten F. Schneiders bedeutend, so dass dessen Schriften auf ihrer Webseite genannt werden:
Sinnesphysiologisch wirksame Gravitationswellen lassen sich nicht nur mit Maikafern, sondern rein physikalisch auch mit dem Gravioszilloskop nachweisen.
http://openagricola.nal.usda.gov/Record/IND86029662

Geometrie und Auflosungsvermogen eines tierischen Rezeptors fur Gravitationswellen.
http://openagricola.nal.usda.gov/Record/IND84104216

Handymania

Beitrag von Handymania » 15. Februar 2013 10:06

5. Zu erwähnen wäre noch, dass oben genannte entomologische Fachjournal bei "researchgate.net" gelistet ist:
http://www.researchgate.net/publication ... ektrischer

Ob das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen ist?
Denn immerhin, „Robert“ ist dort mit seiner Firma ebenfalls gelistet. Dabei geht es um „bearings“ – eine mögliche Übersetzung ist „Funkpeilung“. Ev. irgendwann mehr dazu.
Das hier ein Interessenskonflikt seitens „Robert“ besteht, ist wohl nicht zu übersehen. Dieser wird dann auf plumpe Art und Weise im IZgMF fortgeführt – mit besonderen Kennzeichen: Wissenschaftliches Fehlverhalten.

6. Schlussendlich sind die wissenschaftlich anerkannten Forschungsergebnisse eines F. Schneiders nichts anderes als Puzzlestücke, auf dessen Basis weiter geforscht werden sollte. Dafür ist Wissenschaft da.
Interessant ist dann auch die Folgerung von F. Schneider (nach dem Maikäfer-Experiment): Das sich sehr wahrscheinlich der ägyptische Scarabäus nach Sonne- und Mondläufen orientiert (s. „Abstract“ im obigen Link zu 1. Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1970 - 1977).
Erst kürzlich haben Wissenschaftler herausgefunden, dass sich Mistkäfer nach der Milchstraße, Sonne und Mond orientieren.
„Mistkäfer orientieren sich am Sternenlicht
Artikel vom 25.01.2013 — Quelle: dapd
Auch der Schein der Milchstraße am Nachthimmel genügt den Tieren, um ihre Kugeln in einer geraden Linie zu rollen.

Byrne und sein Team hatten zuvor bereits gezeigt, dass Mistkäfer die Sonne und den Mond zur Orientierung nutzen.“

http://www.nationalgeographic.de/aktuel ... ernenlicht

„"Das brachte uns zu der Vermutung, dass die Käfer den Sternenhimmel als Orientierung nutzen - etwas, das bei einem Insekt noch niemals zuvor beobachtet worden ist", erklärt Dacke.

"Dieses Ergebnis belegt, dass einige Insekten den Sternenhimmel zur Orientierung nutzen können, selbst wenn ihre Augen nicht gut genug sind, um einzelne Sterne unterscheiden zu können", sagen Dacke und ihre Kollegen. Zwar sei der Pillendreher das erste Beispiel für ein Tier, das sich eindeutig an der Milchstraße orientiere, aber diese Fähigkeit könnte im Tierreich weiter verbreitet sein als bisher angenommen. Wie die Forscher berichten, gibt es beispielsweise erste Hinweise darauf, dass auch einige Frösche in mondlosen Nächten diesen Helligkeitsverlauf am Himmel nutzen.“

http://www.wissenschaft.de/wissenschaft ... 16686.html

Wie nahe Entomologe F. Schneider doch mit seiner These vor ca. 50 Jahren an dieser aktuellen Erkenntnis dran war….


Andere Quellen zu F. Schneider:
Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1978 - 1985
Schneider, Fritz
Geometrie und Auflösungsvermögen eines tierischen Rezeptors für "Gravitationswellen" 2:142-171
http://www.ngzh.ch/Viej1978_85Long.html

Originalschriften:
http://biostor.org/reference/110842

Biografisches zu F. Schneider:
F. Schneider war ein anerkannter Entomologe. Sein Vater, Prof. O. Schneider-Orelli, erhob die Entomologie in der ETH Zürich zum Promotionsfach. Prof. O Schneider-Orelli prägte u.a. die Schweizer Forschung in der Schädlingsbekämpfung und im Pflanzenschutz bis in die Mitte des 20. Jh. entscheidend mit.
Unter anderem erprobte F. Schneider DDT-Wirkungen am Maikäfer in der Versuchsanstalt Wädenswil (seit 1942).
Er übernahm die Leitung der damaligen chemischen Maikäferbekämpfung.
Er plädierte für einen vermehrten Nützlingseinsatz anstatt Insektizide und war kritisch gegenüber einem Gesetz, dass den chemischen Insektizideinsatz überbetonte.
S. 140, 142, 222, 292, 294, 304, 305
http://e-collection.library.ethz.ch/ese ... 391-01.pdf


Dr. Warnke:
BIENEN, VÖGEL UND MENSCHEN
Die Zerstörung der Natur durch ‚Elektrosmog’
http://www.kompetenzinitiative.net/asse ... screen.pdf


Andere Sachen, Sonderbarkeiten und Infos:
viewtopic.php?t=38855


Fettdrucke von Handymania.

Handymania

Beitrag von Handymania » 15. Februar 2013 11:04

Formale Korrektur: Es heißt zu Tode gelacht und nicht "zu tote gelacht" (1. Kasten).
Immerhin hat man es ja hier mit internat. Physiker-Schwergewichten sowie pingeligen Wichtigtuern zu tun.

Antworten