von A. Masson » 29. Januar 2011 13:23
Hartnäckig müssen wir immer wieder zeigen, wie einseitig die Behörden entscheiden, wie das Recht gebogen wird. Hier neue Entwicklungen (und summarisch die alte, verfahrene Kalamität) aus dem Kanton Zug:
In den letzten Jahren wurde die Strahlung in den Häusern stets näher zu den Grenzwerten getrieben. Während früher gelegentlich maximale Feldstärken von 2 oder 3.4 V/m prognostiziert wurden, wenn 6V/m erlaubt sind, so sind heute eher 5.96 V/m die Regel. Je knapper die Limiten eingehalten werden, umso wichtiger ist es, dass man den genauen Ort kennt, wo die höchste Strahlung auftritt.
Bei einem Projekt in Cham lagen in allen drei Strahlungsrichtungen ganze Häuserzeilen: wo liegt das Maximum der Strahlung ? Näher bei der Antenne, aber bei schlechterem Winkel – oder weiter weg bei besserem Vertikalwinkel? Der reiche Kanton Zug weigert sich seit Jahren, die Software NisMap von ARIAS anzuschaffen, welche die Strahlungsdaten der Antenne kombiniert mit den Vermessungs-Daten der Liegenschaften. Mit der Verknüpfung beider Datensätze sähe man besser, wo das Maximum der Strahlung zu erwarten ist.
In einer Einsprache wurde also verlangt, die Baubewilligung dürfe erst erteilt werden, wenn das Kantonale Amt für Umweltschutz (AfU) direkt am Computer vorgeführt hat, wie die Punkte mit der maximalen Bestrahlung gefunden werden. Die von Orange und Swisscom eingezeichneten Punkte können (absichtlich oder unabsichtlich) neben dem tatsächlichen Strahlungsmaximum liegen. Werden an den gerechneten Punkten die Limiten eingehalten, heisst das noch nicht, dass sie auch im benachbarten Haus erfüllt sind. Von jeweils drei zusammengebauten Häusern direkt unter dem Hauptstrahl wurde immer nur eines berechnet. Je knapper man sich an der Grenze bewegt, umso präziser muss man wissen, wo das Maximum der Strahlung liegt. Solange nicht klar ist, ob die Limiten überall erfüllt sind, darf die Gemeinde keine Baubewilligung erteilen. Die Abnahme-Messung findet später in demjenigen Haus statt, wo der Punkt gerechnet wurde – dort muss das messende Personal das Maximum suchen (und nicht in anderen Häusern, die ihnen gar nie mitgeteilt worden sind).
Jetzt will also jemand wissen, wie das Amt rechnet, wie die relevanten Punkte gefunden werden? Nein, also das ganz sicher nicht! Das Amt verweigert eine Vorführung. Ob es diese Rechnungen nicht zeigen kann (fehlende Software), nicht will, oder nicht darf, bleibt offen. Der Gemeinderat von Cham erteilt trotzdem die Baubewilligung – und zeigt selber, dass er das Problem nicht verstanden hat (Zitat, fast wörtlich vom AfU übernommen): Es sei „nicht nötig, dass die Bauherrschaft bestätige, dass sie die Punkte mit der wirklich höchsten Strahlung gefunden habe, da mit den berechneten OMEN in den Standortdatenblättern die Punkte mit der höchsten Feldstärke deklariert werden müssen.“ Herrgott, was heisst das? Ist das die Antwort, wie man den Punkt mit der höchsten Strahlung findet? Sieht jemand einen Sinn in diesem kryptischen Satz?
Man kann ja den Rechtsweg beschreiten, eine Beschwerde erheben bei der höheren Instanz. Das wäre der Regierungsrat – und fachlich beraten wird er wieder vom selben AfU, dessen Arbeit man bereits zuvor angezweifelt hat. Und später lässt sich beim Verwaltungsgericht prozessieren – und fachlich beraten wird auch dieses Gericht vom selben AfU, dessen Arbeit man jetzt zum dritten Mal anzweifelt, und natürlich wird man auch zum dritten Mal hereingelegt. Das technische Verständnis liegt nicht beim Gericht, sondern beim AfU. Unabhängige Instanzen, sonst zu den elementaren Rechtsprinzipien gehörend, gibt es nicht. Die Fachstelle entscheidet dreimal über sich selber, und niemand kann ihr dreinreden, selbst wenn sie Unverständliches oder Falsches von sich gibt oder schweigt. Diese Fachstelle zeigt niemandem, wie sie das Maximum der Strahlung findet. Also ist nicht klar, ob die gesetzlichen Limiten in den Nachbarhäusern eingehalten werden oder nicht. Ausserkantonale Experten beiziehen? Das hat die Regierung schon lange abgelehnt (5. 9. 2006), mit origineller Begründung: die Rechtsmittelverfahren vor dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht würden die hohe Qualität der Rechtsprechung geradezu bestätigen. Genau was man rügt, d.h. die fehlende Unabhängigkeit der Instanzen, wird zum Beweis dafür genommen, dass es nichts zu rügen gibt. Erst vor dem Bundesgericht kommt das allererste Mal eine neue Meinung hinzu. Dass nicht alle genügend Nerven, Zeit und Geld haben, um bis zum BG zu kommen, ist klar. Ein einziges Mal habe ich von zuunterst bis zuoberst den ganzen Weg miterlebt – es macht keinen Spass.
Es gibt auch viel zu viele Pannen, um sie alle bis zum BG durchzuziehen. In mehreren Sammelschriften habe ich 2005 und 2006 detailliert gezeigt, wie es im Kanton Zug bei den Mobilfunk-Bewilligungen innert weniger Jahre zu gut 25 Verletzungen der gesetzlichen Spielregeln gekommen ist, zu groben Pannen und Kunstfehlern der Fachleute, zu missachtetem Bundesgerichts-Urteil, usw. Der Kanton, d.h. das Amt für Umweltschutz AfU hat dabei geglänzt: Kein einziges Mal hat es je zu diesen Vorwürfen Stellung genommen. Nie hat es in all den Jahren geheissen, das stimme ja gar nicht, was da geschrieben wird, und nie hat es geheissen, es stimme. Auch dann nicht, als vier Regierungsräten geschrieben wurde, dass nie eine Stellungnahme erfolgt. Nie ist ausserhalb der juristischen Verfahren eine Antwort gekommen mit materiellem Inhalt, mit einer technischen oder juristischen Erklärung, zu keinem einzigen der vielen beanstandeten Fehler – super! Zuvor hatte schon der Konfliktvermittler des Kantons auf Granit gebissen und gar nichts erreichen können. „Kurze Wege“ heisst das offiziell, und das stimmt ja auch: Türe zu! Oder auch: eine „bürgernahe und transparente Verwaltung“, usw.
Neu ist die „Zuger Standortkaskade“ durch Entscheid des Baudirektors begraben worden. Das war eine nie wirklich benützte Regelung, wonach die Antennen in erster Linie ausserhalb der Wohngebiete zu erstellen sind: Es hätte eines „Nachweises“ bedurft, wieso weiter entfernte (Industrie-)Zonen tatsächlich nicht möglich sind, bevor man die Antennen direkt in die Wohnzonen baut. Schulen, Altersheime und Spitäler wären gemäss dieser Regelung besonders zu schützen gewesen. Es hat nie geklappt, der „Nachweis“ hat immer darin bestanden, dass die Mobilfunkfirmen knapp erklärten: wir hätten die Antenne am liebsten genau hier. Forderungen, einen solchen „Nachweis“ einmal durch die ETH auf Stichhaltigkeit prüfen zu lassen, sind nicht gehört worden.
Mit dem Jahreswechsel ist auch die kantonale Karte der Antennenstandorte gestrichen worden. Die Antennen sind zwar auf der Karte des Bundes verzeichnet (
www.funksender.ch), aber die Kantone haben gelegentlich zusätzliche Informationen geliefert, etwa den Namen der Mobilfunkfirma (ZG, früher auch ZH), oder in ZH werden die Koordinaten auf den Meter genau verzeichnet (beim Bund und in ZG ist der Standort oft sehr ungenau – früher sagte man, „aus Datenschutzgründen“!). Fast zwei Jahre lang wurde in ZG die Antennen-Karte nicht mehr bearbeitet, aber noch veraltet im Internet belassen – jetzt ist alles verschwunden. Das ist eher eine Dienstleistung an die Telefonfirmen, als an die eigene Bevölkerung.
Tot ist auch die Messaktion der Innerschweizer Kantone
http://www.e-smogmessung.ch. Ursprünglich war sie interessant, weil (erstmals?) Messungen publiziert wurden, welche nicht das Mittel über viele Stundenmittel darstellten, sondern 6-Minuten-Werte. Es wurden die 24 möglichen Standorte ab Feb. 2010 auf deren drei reduziert – und seit einem Jahr ist offenbar gar nichts mehr gemessen worden (oder man zeigt es nicht). Die Kantone wollen nicht, dass man zu genau hinschaut? Diesen Gefallen machen wir ihnen nicht!
A. Masson
Hartnäckig müssen wir immer wieder zeigen, wie einseitig die Behörden entscheiden, wie das Recht gebogen wird. Hier neue Entwicklungen (und summarisch die alte, verfahrene Kalamität) aus dem Kanton Zug:
In den letzten Jahren wurde die Strahlung in den Häusern stets näher zu den Grenzwerten getrieben. Während früher gelegentlich maximale Feldstärken von 2 oder 3.4 V/m prognostiziert wurden, wenn 6V/m erlaubt sind, so sind heute eher 5.96 V/m die Regel. Je knapper die Limiten eingehalten werden, umso wichtiger ist es, dass man den genauen Ort kennt, wo die höchste Strahlung auftritt.
Bei einem Projekt in Cham lagen in allen drei Strahlungsrichtungen ganze Häuserzeilen: wo liegt das Maximum der Strahlung ? Näher bei der Antenne, aber bei schlechterem Winkel – oder weiter weg bei besserem Vertikalwinkel? Der reiche Kanton Zug weigert sich seit Jahren, die Software NisMap von ARIAS anzuschaffen, welche die Strahlungsdaten der Antenne kombiniert mit den Vermessungs-Daten der Liegenschaften. Mit der Verknüpfung beider Datensätze sähe man besser, wo das Maximum der Strahlung zu erwarten ist.
In einer Einsprache wurde also verlangt, die Baubewilligung dürfe erst erteilt werden, wenn das Kantonale Amt für Umweltschutz (AfU) direkt am Computer vorgeführt hat, wie die Punkte mit der maximalen Bestrahlung gefunden werden. Die von Orange und Swisscom eingezeichneten Punkte können (absichtlich oder unabsichtlich) neben dem tatsächlichen Strahlungsmaximum liegen. Werden an den gerechneten Punkten die Limiten eingehalten, heisst das noch nicht, dass sie auch im benachbarten Haus erfüllt sind. Von jeweils drei zusammengebauten Häusern direkt unter dem Hauptstrahl wurde immer nur eines berechnet. Je knapper man sich an der Grenze bewegt, umso präziser muss man wissen, wo das Maximum der Strahlung liegt. Solange nicht klar ist, ob die Limiten überall erfüllt sind, darf die Gemeinde keine Baubewilligung erteilen. Die Abnahme-Messung findet später in demjenigen Haus statt, wo der Punkt gerechnet wurde – dort muss das messende Personal das Maximum suchen (und nicht in anderen Häusern, die ihnen gar nie mitgeteilt worden sind).
Jetzt will also jemand wissen, wie das Amt rechnet, wie die relevanten Punkte gefunden werden? Nein, also das ganz sicher nicht! Das Amt verweigert eine Vorführung. Ob es diese Rechnungen nicht zeigen kann (fehlende Software), nicht will, oder nicht darf, bleibt offen. Der Gemeinderat von Cham erteilt trotzdem die Baubewilligung – und zeigt selber, dass er das Problem nicht verstanden hat (Zitat, fast wörtlich vom AfU übernommen): Es sei „nicht nötig, dass die Bauherrschaft bestätige, dass sie die Punkte mit der wirklich höchsten Strahlung gefunden habe, da mit den berechneten OMEN in den Standortdatenblättern die Punkte mit der höchsten Feldstärke deklariert werden müssen.“ Herrgott, was heisst das? Ist das die Antwort, wie man den Punkt mit der höchsten Strahlung findet? Sieht jemand einen Sinn in diesem kryptischen Satz?
Man kann ja den Rechtsweg beschreiten, eine Beschwerde erheben bei der höheren Instanz. Das wäre der Regierungsrat – und fachlich beraten wird er wieder vom selben AfU, dessen Arbeit man bereits zuvor angezweifelt hat. Und später lässt sich beim Verwaltungsgericht prozessieren – und fachlich beraten wird auch dieses Gericht vom selben AfU, dessen Arbeit man jetzt zum dritten Mal anzweifelt, und natürlich wird man auch zum dritten Mal hereingelegt. Das technische Verständnis liegt nicht beim Gericht, sondern beim AfU. Unabhängige Instanzen, sonst zu den elementaren Rechtsprinzipien gehörend, gibt es nicht. Die Fachstelle entscheidet dreimal über sich selber, und niemand kann ihr dreinreden, selbst wenn sie Unverständliches oder Falsches von sich gibt oder schweigt. Diese Fachstelle zeigt niemandem, wie sie das Maximum der Strahlung findet. Also ist nicht klar, ob die gesetzlichen Limiten in den Nachbarhäusern eingehalten werden oder nicht. Ausserkantonale Experten beiziehen? Das hat die Regierung schon lange abgelehnt (5. 9. 2006), mit origineller Begründung: die Rechtsmittelverfahren vor dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht würden die hohe Qualität der Rechtsprechung geradezu bestätigen. Genau was man rügt, d.h. die fehlende Unabhängigkeit der Instanzen, wird zum Beweis dafür genommen, dass es nichts zu rügen gibt. Erst vor dem Bundesgericht kommt das allererste Mal eine neue Meinung hinzu. Dass nicht alle genügend Nerven, Zeit und Geld haben, um bis zum BG zu kommen, ist klar. Ein einziges Mal habe ich von zuunterst bis zuoberst den ganzen Weg miterlebt – es macht keinen Spass.
Es gibt auch viel zu viele Pannen, um sie alle bis zum BG durchzuziehen. In mehreren Sammelschriften habe ich 2005 und 2006 detailliert gezeigt, wie es im Kanton Zug bei den Mobilfunk-Bewilligungen innert weniger Jahre zu gut 25 Verletzungen der gesetzlichen Spielregeln gekommen ist, zu groben Pannen und Kunstfehlern der Fachleute, zu missachtetem Bundesgerichts-Urteil, usw. Der Kanton, d.h. das Amt für Umweltschutz AfU hat dabei geglänzt: Kein einziges Mal hat es je zu diesen Vorwürfen Stellung genommen. Nie hat es in all den Jahren geheissen, das stimme ja gar nicht, was da geschrieben wird, und nie hat es geheissen, es stimme. Auch dann nicht, als vier Regierungsräten geschrieben wurde, dass nie eine Stellungnahme erfolgt. Nie ist ausserhalb der juristischen Verfahren eine Antwort gekommen mit materiellem Inhalt, mit einer technischen oder juristischen Erklärung, zu keinem einzigen der vielen beanstandeten Fehler – super! Zuvor hatte schon der Konfliktvermittler des Kantons auf Granit gebissen und gar nichts erreichen können. „Kurze Wege“ heisst das offiziell, und das stimmt ja auch: Türe zu! Oder auch: eine „bürgernahe und transparente Verwaltung“, usw.
Neu ist die „Zuger Standortkaskade“ durch Entscheid des Baudirektors begraben worden. Das war eine nie wirklich benützte Regelung, wonach die Antennen in erster Linie ausserhalb der Wohngebiete zu erstellen sind: Es hätte eines „Nachweises“ bedurft, wieso weiter entfernte (Industrie-)Zonen tatsächlich nicht möglich sind, bevor man die Antennen direkt in die Wohnzonen baut. Schulen, Altersheime und Spitäler wären gemäss dieser Regelung besonders zu schützen gewesen. Es hat nie geklappt, der „Nachweis“ hat immer darin bestanden, dass die Mobilfunkfirmen knapp erklärten: wir hätten die Antenne am liebsten genau hier. Forderungen, einen solchen „Nachweis“ einmal durch die ETH auf Stichhaltigkeit prüfen zu lassen, sind nicht gehört worden.
Mit dem Jahreswechsel ist auch die kantonale Karte der Antennenstandorte gestrichen worden. Die Antennen sind zwar auf der Karte des Bundes verzeichnet (www.funksender.ch), aber die Kantone haben gelegentlich zusätzliche Informationen geliefert, etwa den Namen der Mobilfunkfirma (ZG, früher auch ZH), oder in ZH werden die Koordinaten auf den Meter genau verzeichnet (beim Bund und in ZG ist der Standort oft sehr ungenau – früher sagte man, „aus Datenschutzgründen“!). Fast zwei Jahre lang wurde in ZG die Antennen-Karte nicht mehr bearbeitet, aber noch veraltet im Internet belassen – jetzt ist alles verschwunden. Das ist eher eine Dienstleistung an die Telefonfirmen, als an die eigene Bevölkerung.
Tot ist auch die Messaktion der Innerschweizer Kantone http://www.e-smogmessung.ch. Ursprünglich war sie interessant, weil (erstmals?) Messungen publiziert wurden, welche nicht das Mittel über viele Stundenmittel darstellten, sondern 6-Minuten-Werte. Es wurden die 24 möglichen Standorte ab Feb. 2010 auf deren drei reduziert – und seit einem Jahr ist offenbar gar nichts mehr gemessen worden (oder man zeigt es nicht). Die Kantone wollen nicht, dass man zu genau hinschaut? Diesen Gefallen machen wir ihnen nicht!
A. Masson