Strahlenkranke Freistädterin: „Kämpfe einen Tag um den anderen“
Helga Reibenberger hat ihre Existenzgrundlage verloren. Ihr momentanes Zuhause ist ein Wohnmobil ohne Strom, Gas und Wasser - bei Minusgraden eine echte Herausforderung.
FREISTADT. Ein Jahr ist es her seit unserem Bericht über Helga Reibenberger. Die Freistädterin reagiert extrem sensibel auf hochfrequente Strahlung von Handymasten oder Smartphones. Mittlerweile hat sich ihre Situation zugespitzt. Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es, doch viel Hoffnung ist der 50-Jährigen nicht geblieben.
Tips:Was ist seit Dezember 2021, als wir über Tips für Sie eine strahlenarme Unterkunft gesucht haben, passiert?
Reibenberger:Soviel vorweg: Ich lebe noch, aber von meinem bisherigen Leben ist mir nichts geblieben. Ich habe wegen der Strahlung meine Wohnung aufgeben müssen, mein Büro verloren, alles, was noch übrig ist, sind ein paar Bananenschachteln voller Dinge in einer gemieteten Garage und das, was ich anhabe.
Tips: Wo wohnen Sie?
Reibenberger: In einem Wohnmobil, einem Kastenwagen, ohne Strom, ohne Wasser und ohne Gas, auf dem Gelände eines aufgelassenen Bauernhofs, wo die Strahlung nicht ganz so schlimm ist.
Tips:Wie verbringen Sie den Tag?
Reibenberger: Ich mache mir im Freien vor dem Wohnmobil ein Frühstück, meist ein Müsli, und koche mir Tee auf dem Gaskocher. Dann fahre ich nach Freistadt, weg vom Wohnmobil, weil ich auch dort Funkstrahlen spüre. Ich treffe ein paar Leute, laufe im Wald herum, gehe duschen. Mit Hilfe von Freunden kann ich meine grundlegenden Lebensfunktionen aufrecht erhalten. Das Mittagessen hole ich mir in Gasthäusern, dort kennt man mich schon und schaut, dass ich möglichst schnell wieder hinauskomme.
Tips: Wie konnte es passieren, dass Sie so aus der Bahn geworfen wurden?
Reibenberger: Ich hatte ein normales Leben, eine kleine Mietwohnung, war als Selbstständige im Wasserrechtsbereich tätig, hatte ein bisschen was Erspartes. Von einem Moment auf den anderen habe ich plötzlich die hochfrequente Strahlung nicht mehr ausgehalten und jetzt geht einfach gar nichts mehr.
Tips:Welche Beschwerden macht Ihnen die Strahlung?
Reibenberger: Ich spüre ein Kribbeln und Brennen am ganzen Körper und auch im Körper, mir wird schlecht, ich habe Kopfweh, Knochenschmerzen, manchmal bekomme ich auch Ausschlag, es ist wie eine allergische Reaktion.
Tips:Gibt es keine Behandlungsmöglichkeiten für Ihre Elektrohypersensibilität?
Reibenberger:Ich habe mich sehr darum bemüht, aber die Schulmedizin kennt bei uns keine Erkrankung durch diese Art von Strahlen. Daher versuche ich es mit alternativer Medizin. Ein Arzt aus Freistadt behandelt mich kostenlos und auch eine Energetikerin versucht mir zu helfen.
Tips: Was ist neben der Beschwerden Ihr größtes Problem?
Reibenberger:Eine gemauerte, menschenwürdige Unterkunft für mich zu finden. Meine Bekannten und Freunde haben für mich schon unzählige Kontakte angezapft, Bürgermeister, Amtsleiter, Kollegen der Bezirkshauptmannschaft haben sich schon darum bemüht, ein Quartier möglichst ohne WLAN und ohne Sichtkontakt zu Mobilfunkmasten zu finden. Wir haben auch schon sehr viele Quartiere, auch Wochenend-und Ferienhäuser, besichtigt, aber leider bisher ohne Erfolg.
Tips: Gibt es Hilfe von den Behörden oder der Politik?
Reibenberger: Es hat schon Kontakte vom Bundespräsidenten über das Gesundheits- und Sozialministerium gegeben, mit Landespolitikern, wissenschaftlichen Instituten bis hin zu Unis und zur Akademie der Wissenschaften, zu bekannten Journalisten und sogar zu Licht ins Dunkel, aber überall heißt es, es tut ihnen sehr leid und man ist sehr betroffen, aber dafür besteht keine Zuständigkeit. Bei manchen Stellen gab es gar keine Reaktion. Mir ist schon klar, dass mir niemand eine Wohnung oder einen Stellplatz für das Wohnmobil suchen kann, aber um das wäre es mir auch gar nicht gegangen. Wichtig wäre es mir, dass sich jemand sachlich mit dem Problem der krankmachenden Strahlung auseinandersetzt, ich bin ja nicht die einzige Betroffene in Österreich. Aber meine Beschwerden haben eben keine Lobby.
Tips:Was wünschen Sie sich derzeit am sehnlichsten?
Reibenberger: Mein sehnlichster Wunsch sind ein paar Tage Erholung in einem Haus ohne Strahleneinwirkung, wo ich endlich wieder durchschlafen kann. Ich würde natürlich dafür auch bezahlen.
Tips:Langfristig hilft Ihnen das aber nicht weiter.
Reibenberger: Nein, auf lange Sicht bräuchte ich eine Unterkunft, ein Zimmer in einem strahlenarmen Haus oder einen Stellplatz für mein Wohnmobil hinter Mauern, zum Beispiel in in einer Garage.
Tips: Welche Perspektive haben Sie noch?
Reibenberger: Perspektive.... Keine Ahnung, wie es weitergeht. Im Moment kämpfe ich einen Tag um den anderen. So lange ich es aushalte, lebe ich noch. Aber ich spüre, dass meine Kraft zu Ende geht.
Wer für kurze Zeit oder länger Wohnraum möglichst ohne Strahleneinwirkung (dezentral, kein WLAN, kein Sendemast, großer Abstand zu Nachbarn) zur Verfügung stellen könnte, schreibt an
redaktion-freistadt@tips.at Gerne Ferien- oder Wochenendhäuschen, gegen Bezahlung.
Tips hat bereits zweimal über Helga Reibenberger berichtet. Hier die Artikel zum Nachlesen:
www.tips.at/n/553807
www.tips.at/n/555256
https://www.tips.at/nachrichten/freista ... en-anderen