Auf einem sinkenden Schiff... "Der Netzaufbau wird i
Verfasst: 4. Februar 2002 11:52
Böse unterschätzt hat die Industrie die Angst der Leute vor dem Elektrosmog. Branchenexpertin Müller-Zantop warnte bereits 1999: ?Wir kriegen noch eine Riesenstrahlendiskussion.? Die ist jetzt da und droht den Netzaufbau empfindlich zu stören. Standorte gegen den Widerwillen der Anwohner durchzusetzen, stößt vor allem auf dem Land auf harten Widerstand ? nicht nur in Deutschland. In Spanien verfügte ein Gericht die Demontage einer Sendeanlage, nachdem in einem benachbarten Kindergarten mehrere Leukämiefälle aufgetreten waren. In England laufen Denkmalschützer Sturm gegen den Antennenwald. Auch Frederick Kübler, Bereichsvorstand der Pfleiderer AG, die Trägermasten für die Sendeanlagen herstellt und eine Art Komplettservice inklusive Standortsuche für die Mobilfunkbetreiber anbietet, beklagt: ?Der Netzaufbau wird immer schwieriger.?
Doch selbst, wenn es der Industrie gelänge, die Bürgerbedenken zu zerstreuen, wäre ihr allergrößtes Problem noch nicht gelöst: der Mangel an attraktiven Inhalten und Diensten für UMTS. Der groben Konzeptphase entwachsen ist hier so gut wie nichts. In der Büdelsdorfer Zentrale von Mobilcom etwa will man sich wenige Monate vor dem geplanten Start über mögliche UMTS-Umsatzbringer nicht äußern. Man fürchte die kopiersüchtige Konkurrenz. Auch von D2-Vodafone ist nichts Konkretes zu hören. Einzig für GPRS, den Übergangsstandard vom heutigen D- und E-Netz auf UMTS, nennen die Anbieter konkrete Pläne: Multimedial mit Farbe, Tönen und Bildchen angereicherte Textbotschaften sollen zum großen Renner werden. Sie gelten als Test für ähnliche Anwendungen in UMTS-Netzen.
Helmut an de Meulen, Geschäftsführer des Dortmunder Mobilfunksoftwareanbieters Materna, sieht darin auch eine Gefahr für UMTS: ?Wenn das schon auf dem schwächeren Standard GPRS gut läuft, wird es umso schwerer, die Kunden für einen Wechsel zu UMTS-Geräten zu begeistern.? Die beiden Technologien folgen möglicherweise zu schnell aufeinander und könnten sich gegenseitig kannibalisieren. Das glauben zumindest Merrill Lynch, Credit Suisse und Morgan Stanley in ihren jüngsten Studien. Klaus-Dieter Scheurle, Expräsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und jetzt in Diensten von Credit Suisse First Boston, schätzt, dass zunächst Geschäftskunden die teuren UMTS-Dienste nutzen werden. ?Die Privatkunden werden wohl mit erheblicher Verzögerung folgen?, so Scheurle. Für die Hersteller Nokia, Ericsson, Alcatel, Motorola und Siemens ist das keine gute Nachricht. Denn Businessanwender verhandeln am härtesten um die Preise. Ohnehin machen sie nur rund 20 Prozent des Gesamtmarktes aus.
Die Probleme erschüttern die Umsatz- und Gewinnpläne der Hersteller. Langer: ?Wenn UMTS nicht spätestens 2003 in großen Stückzahlen kommt, wird es noch mal eine empfindliche Wachstumsdelle bei den Ausrüstern geben.? Hintergrund:Die Mobilfunker haben bisher nur Vorverträge abgeschlossen. Dabei gingen die Telekomkonzerne noch von einer schnelleren Marktreife von UMTS aus. Jetzt werden sie wohl kaum so viel Geld anfassen. Mark Davies Jones, Analyst bei Salomon Smith Barney, sieht in den anstehenden Preisverhandlungen die Ausrüster klar in der Defensive: ?Die Mobilfunkgesellschaften sind wegen der hohen Kosten für die Lizenzen nicht mehr bereit, neue UMTS-Handys wie die heutigen GSM-Geräte zu subventionieren.?
Tatsächlich ist der finanzielle Spielraum der meisten Mobilfunkanbieter äußerst gering: Bei manchen Betreibern fressen allein die Zinsen für Kredite fast die Hälfte des operativen Gewinns. So hat Vodafone bereits angekündigt, dieses Jahr statt wie geplant 1200 nur noch 750 UMTS-Basisstationen zu errichten. Hauptbetroffene auf der Zuliefererseite: Ericsson und Siemens.
Zwar wären längst nicht alle Anbieter gleich stark von einem kommerziellen Flop der UMTS-Technik betroffen, betonen Analysten. Dennoch: ?Alle Betreiber revidieren derzeit ihre UMTS-Investitionen nach unten?, sagt Nicolas von Stackelberg, Telekom-Analyst bei Sal. Oppenheim in Frankfurt. ?Unsere Hauptsorge gilt Ericsson?, so Merrill-Lynch-Analyst Alec Shutze. So stark wie die Schweden hängt sonst kein Ausrüster am UMTS-Tropf.
Aber auch die Nokia-Aktie ist mit einem 2002er-Kurs-Gewinn-Verhältnis von 34 hoch bewertet und braucht den UMTS-Erfolg. Für von Stackelberg müssen Ericsson und Nokia schon 2002 ?mindestens 1,42 Milliarden respektive 960 Millionen Euro mit UMTS-Equipment umsetzen, um ihren Börsenwert zu rechtfertigen?. Hehre Ziele, die schwierig zu erreichen sein dürften. Vor allem bei Ericsson macht den Analysten die unter dem zunehmenden Preisdruck immer schwächere Gewinnmarge Sorgen.
Doch auch der Rest der Branche leidet: So mutierten bei Siemens die einst stark wachsenden Telefonsparten ICN und ICM zu Sorgenkindern und drohen dem scheidenden Konzernchef Heinrich v. Pierer die Abschiedsbilanz zu verhageln. Pierer saniert mit dem eisernen Besen, um gegenzulenken. Auch Motorola reduzierte die Prognosen für den Handyverkauf 2002 von 460 auf 420 Millionen Stück weltweit. 2001 fuhr der US-Konzern zum ersten Mal in der 73-jährigen Geschichte einen operativen Verlust ein. Alcatel und Nortel stecken in ähnlich drastischen Rosskuren, deren Erfolg die Börse bereits honoriert, obwohl er noch mit Fragezeichen versehen ist.
Doch selbst, wenn es der Industrie gelänge, die Bürgerbedenken zu zerstreuen, wäre ihr allergrößtes Problem noch nicht gelöst: der Mangel an attraktiven Inhalten und Diensten für UMTS. Der groben Konzeptphase entwachsen ist hier so gut wie nichts. In der Büdelsdorfer Zentrale von Mobilcom etwa will man sich wenige Monate vor dem geplanten Start über mögliche UMTS-Umsatzbringer nicht äußern. Man fürchte die kopiersüchtige Konkurrenz. Auch von D2-Vodafone ist nichts Konkretes zu hören. Einzig für GPRS, den Übergangsstandard vom heutigen D- und E-Netz auf UMTS, nennen die Anbieter konkrete Pläne: Multimedial mit Farbe, Tönen und Bildchen angereicherte Textbotschaften sollen zum großen Renner werden. Sie gelten als Test für ähnliche Anwendungen in UMTS-Netzen.
Helmut an de Meulen, Geschäftsführer des Dortmunder Mobilfunksoftwareanbieters Materna, sieht darin auch eine Gefahr für UMTS: ?Wenn das schon auf dem schwächeren Standard GPRS gut läuft, wird es umso schwerer, die Kunden für einen Wechsel zu UMTS-Geräten zu begeistern.? Die beiden Technologien folgen möglicherweise zu schnell aufeinander und könnten sich gegenseitig kannibalisieren. Das glauben zumindest Merrill Lynch, Credit Suisse und Morgan Stanley in ihren jüngsten Studien. Klaus-Dieter Scheurle, Expräsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und jetzt in Diensten von Credit Suisse First Boston, schätzt, dass zunächst Geschäftskunden die teuren UMTS-Dienste nutzen werden. ?Die Privatkunden werden wohl mit erheblicher Verzögerung folgen?, so Scheurle. Für die Hersteller Nokia, Ericsson, Alcatel, Motorola und Siemens ist das keine gute Nachricht. Denn Businessanwender verhandeln am härtesten um die Preise. Ohnehin machen sie nur rund 20 Prozent des Gesamtmarktes aus.
Die Probleme erschüttern die Umsatz- und Gewinnpläne der Hersteller. Langer: ?Wenn UMTS nicht spätestens 2003 in großen Stückzahlen kommt, wird es noch mal eine empfindliche Wachstumsdelle bei den Ausrüstern geben.? Hintergrund:Die Mobilfunker haben bisher nur Vorverträge abgeschlossen. Dabei gingen die Telekomkonzerne noch von einer schnelleren Marktreife von UMTS aus. Jetzt werden sie wohl kaum so viel Geld anfassen. Mark Davies Jones, Analyst bei Salomon Smith Barney, sieht in den anstehenden Preisverhandlungen die Ausrüster klar in der Defensive: ?Die Mobilfunkgesellschaften sind wegen der hohen Kosten für die Lizenzen nicht mehr bereit, neue UMTS-Handys wie die heutigen GSM-Geräte zu subventionieren.?
Tatsächlich ist der finanzielle Spielraum der meisten Mobilfunkanbieter äußerst gering: Bei manchen Betreibern fressen allein die Zinsen für Kredite fast die Hälfte des operativen Gewinns. So hat Vodafone bereits angekündigt, dieses Jahr statt wie geplant 1200 nur noch 750 UMTS-Basisstationen zu errichten. Hauptbetroffene auf der Zuliefererseite: Ericsson und Siemens.
Zwar wären längst nicht alle Anbieter gleich stark von einem kommerziellen Flop der UMTS-Technik betroffen, betonen Analysten. Dennoch: ?Alle Betreiber revidieren derzeit ihre UMTS-Investitionen nach unten?, sagt Nicolas von Stackelberg, Telekom-Analyst bei Sal. Oppenheim in Frankfurt. ?Unsere Hauptsorge gilt Ericsson?, so Merrill-Lynch-Analyst Alec Shutze. So stark wie die Schweden hängt sonst kein Ausrüster am UMTS-Tropf.
Aber auch die Nokia-Aktie ist mit einem 2002er-Kurs-Gewinn-Verhältnis von 34 hoch bewertet und braucht den UMTS-Erfolg. Für von Stackelberg müssen Ericsson und Nokia schon 2002 ?mindestens 1,42 Milliarden respektive 960 Millionen Euro mit UMTS-Equipment umsetzen, um ihren Börsenwert zu rechtfertigen?. Hehre Ziele, die schwierig zu erreichen sein dürften. Vor allem bei Ericsson macht den Analysten die unter dem zunehmenden Preisdruck immer schwächere Gewinnmarge Sorgen.
Doch auch der Rest der Branche leidet: So mutierten bei Siemens die einst stark wachsenden Telefonsparten ICN und ICM zu Sorgenkindern und drohen dem scheidenden Konzernchef Heinrich v. Pierer die Abschiedsbilanz zu verhageln. Pierer saniert mit dem eisernen Besen, um gegenzulenken. Auch Motorola reduzierte die Prognosen für den Handyverkauf 2002 von 460 auf 420 Millionen Stück weltweit. 2001 fuhr der US-Konzern zum ersten Mal in der 73-jährigen Geschichte einen operativen Verlust ein. Alcatel und Nortel stecken in ähnlich drastischen Rosskuren, deren Erfolg die Börse bereits honoriert, obwohl er noch mit Fragezeichen versehen ist.