1. Sind physikalische Ursachen von EMF-Schädigung gültig widerlegt? (1)
Die Psychiatrisierung der EMF-Geschädigten stützt sich bis heute nicht auf psychiatrische Diagnosen, sondern stets nur auf das biophysikalische Dogma von Schwan, gemäss welchem schwache EMF unmöglich biologische Effekte bewirken können. Aus dieser (angeblichen) Unmöglichkeit leiten die Psychiatrisierenden ab, dass die Behauptungen oder Vermutungen der EMF-Geschädigten zum Zusammenhang zwischen EMF-Exposition und Beschwerden Ausdruck einer psychischen Auffälligkeit seien, wie z.B. Wahn, Phobie, konditionierte Angststörung. Bei genauerem Hinhören fällt auf, dass die Psychiatrisierenden nie psychiatrisch relevante Symptome im Zusammenhang mit den Patienten nennen, dass die Patienten also bloss pauschal, d.h. ohne individuelle Untersuchung, sozusagen fern-psychiatrisiert werden.
Beim Vorgang der Psychiatrisierung bestreiten die Psychiatrisierenden das Vorliegen der von den Betroffenen geschilderten Beschwerden nicht, sie führen sie einfach auf andere äussere Ursachen als EMF, z.B. auf psychosozialen Stress, zurück. Aber auch diese anderen Ursachen werden – analog zu den fehlenden psychiatrischen Symptomen - nie konkret nachgewiesen, sondern nur pauschal vermutet. Seit Repacholis Prager Konferenz vom Oktober 2004 ist die psychosomatische Theorie von der idiopathischen Umweltempfindlichkeit gegenüber EMF, abgekürzt IEI-EMF ( viewtopic.php?p=43635#43635 und viewtopic.php?p=43647#43647 ), die aber keine WHO-Diagnose ist, an die Seite der „harten“ Psychiatrisierung getreten. Mit der Scheindiagnose IEI-EMF soll die Ursache der Schädigung vollends in die Geschädigten selbst geschoben werden. Es überrascht nun nicht mehr, dass auch zu IEI-EMF Aufzeichnungen von gründlichen Untersuchungen fehlen, so dass auch dieses ein theoretisches Konstrukt ohne Grundlage bei der Realität der Patienten bleibt.
Wir werden nochmals auf die Frage zurückkommen, ob psychische Ursachen nachgewiesen seien, nachdem wir uns gleich hier anschliessend mit der angeblich bewiesenen Unmöglichkeit der physikalischen Ursache EMF befasst haben.
Bevor wir diese Frage beantworten können, nämlich ob die in Bioelectromagnetics gängige Behauptung wahr sei, dass EMF unmöglich biologische Effekte verursachen können, müssen wir, wenn nicht noch mehr Polemik und Täuschung resultieren soll, als in Bioelectromagnetics ohnehin herrscht, die Begriffe möglichst genau bestimmen, die zugleich in der eigenen und in der fremden Argumentation verwendet werden:
- Was sind in diesem Zusammenhang relevante EMF? Dieses sind sämtliche elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Felder, von denen ausgesagt wird, sie würden Gesundheit und/oder Befinden von Personen beeinträchtigen. Dabei handelt es sich nicht etwa nur um die Mikrowellen des Mobilfunks, sondern auch – wohl sogar mehrheitlich - um niederfrequente oder statische elektromagnetische oder elektrische und Magnetfelder. (Selbst der Blitz, wenn man ihm nahe genug exponiert ist, kann Phosphene bzw. Sinnestäuschungen verursachen, so dass die dafür besonders empfindlichen Personen glauben, einen Kugelblitz wahrzunehmen. Die „Wahrnehmung“ eines Kugelblitzes ist mithin auch nichts anderes als eine Beeinträchtigung der Wahrnehmungsfähigkeit durch einen physikalischen Feldeinfluss. ). Wir haben schon weiter oben auf Studien und Befragungen hingewiesen, die zahlreiche von andere Immissionsquellen als Mobilfunk als Störungsursachen nennen, (viewtopic.php?p=45672#45672 und viewtopic.php?p=46954#46954 ). Das Dogma von Schwan ( viewtopic.php?p=44484#44484 ) ist – wenn überhaupt – gar nicht auf alle EMF anwendbar, insbesondere nicht auf niederfrequente.
- Was ist physikalische Kausalität? Eine physikalische Kausalität bedeutet hier, dass eine genau beschreibbare und durch Messung nachweisbare Einflussgrösse (z.B. EMF) beim beobachteten Gegenstand (z.B. Mensch) etwas bewirkt (z.B. ein Symptombild), das wenn möglich zu objektivieren ist. Ein grundsätzlich messbarer Einfluss von EMF, insbesondere von Mikrowellen, wie sie in der Mobilkommunikation verwendet werden, sind Temperaturänderungen von wasserhaltigem Mischgewebe, aus dem der menschliche Körper grossenteils besteht. Das Mass für die Strahlungsintensität welches von der ICNIRP vorgegeben wurde, ist die Spezifische Absorptionsrate (SAR). Die SAR wird definiert als Temperaturänderungen in einem kopfförmigen Gelatine-Eimer, mit dem ein menschlicher Kopf simuliert wird. Die verwendete Gelatine hat ähnliche elektrische Eigenschaften wie vollkommen homogen verquirlter Schädelinhalt. Die SAR-Werte im Eimer werden mit Hilfe von Messungen angenähert und im Massstab 1:1 auf den Kopf des lebenden Menschen übertragen. Die Temperaturänderungen sind bei schwacher Exposition aber derart geringfügig, dass sie biologisch und medizinisch irrelevant sind, und auch nicht einmal direkt messbar sind. Mit der SAR wird aber erfolgreich davon abgelenkt, dass es bei heterogenem Mischgewebe wie den Teilen des menschlichen Körpers, auch des Hirns, praktisch nicht möglich ist zu messen, welche elektromagnetischen Kräfte auf die einzelnen molekularen Bestandteile der menschlichen Zellen einwirken. Diese Moleküle der Zellbestandteile, auf welche EMF einwirken, stehen am Anfang einer Wirkungskette, deren Ende die zu objektivierenden Änderungen von Befinden oder Gesundheitszustand sind. Die Masseinheit für die Kräfte, die auf die Bestandteile der menschlichen Zellen tatsächlich einwirken, ist die Feldstärke, und keineswegs die SAR. Wenn bei der „Messung“ der SAR die Messsonde für die Feldstärke in die elektrolytischen Gelatine eingetaucht wird, dann entspricht die so gemessene Feldstärke in keiner Weise jener Feldstärke, mit welcher EMF auf konkrete menschliche Zellbestanteile einwirken, denn diese bestehen bekanntlich nicht aus standardisierter Gelatine.
In der ganzen Bioelectromagnetics Forschung wird überhaupt nicht gemessen oder berechnet, mit welchen Kräften EMF auf die relevanten Stellen im Organismus einwirken. Man könnte sagen: Es fehlt Bioelectromagnetics an Trennschärfe, an physikalischer Schärfe.Bei dieser Unschärfe von Beobachtung ist nicht mit Forschungsergebnissen zu rechnen, was wohl auch Absicht ist. - Was ist EMF-Schädigung oder EMF-Beeinträchtigung? Wir sehen hier von der Diskussion möglicher Kanzerogenität von EMF ab, und konzentrieren uns hauptsächlich auf die Symptome, die mit der so genannten „Elektrosensibilität“ oder mit EMF-Stress in Verbindung gebracht werden.
„Elektrosensibilität“ ist ein unwissenschaftlicher und irreführender Ausdruck und sollte daher vermieden werden ( viewtopic.php?p=43635#43635 und viewtopic.php?p=43647#43647 sowie viewtopic.php?p=45482#45482 ). Auch EMF-Schädigung und EMF-Beeinträchtigung sind nicht präsise – EMF-Stress wäre genauer, und EMF-Bioeffekte wären auch noch ohne verdeckte Wertung. Wir betrachten hier nur die akuten Symptome bei aktueller oder erst kurz zuvor beendeter EMF-Exposition.
Die EMF-Bioeffekte sind sehr vielfältig und nur schwer zu objektivieren, vor allem weil systematische, wissenschaftlich haltbare medizinische Beobachtungsprotokolle nie erstellt wurden ( viewtopic.php?p=45928#45928 ). Symptome und biologische Effekte müssen von Berichten zur vermeintlichen sinnlichen „Wahrnehmung“ von EMF unterschieden werden. Die bewusste Vermengung und Gleichsetzung von „Mikrowellen-Wahrnehmung“ und EMF-Schädigung durch die Verwendung des für beide Fälle falschen Begriffs „Elektrosensibilität“, namentlich durch den ICNIRP-Gründer Repacholi in seiner späteren Funktion als WHO-EMF-Forschungskoordinator wurde zur Leugnung jeglicher biologischer Effekte von schwachen EMF gebraucht ( viewtopic.php?p=43517#43517 und viewtopic.php?p=43569#43539 ). Bei den biologischen Effekten oder Symptomen durch EMF gibt es nicht nur eine grosse Vielfalt, sondern auch grosse graduelle Unterschiede:- Starke Ausprägung: mit Schmerzen, Hautrötungen etc.
- Schwache Ausprägung: oft mit einem diffusen Gefühl verbunden, als ob EMF wahrgenommen würden.
- Apparativ festgestellte Ausprägung: Mit Geräten zur Herzratenvariabilität und zur Ableitung von Hirnströmen (EEG) etc. können Effekte festgestellt werden, welche von den Betroffenen nicht einmal geschildert werden. Auch wenn solche Effekte kurzzeitig ohne gesundheitliche Relevanz sind, können sie bei langfristiger Einwirkung unter Umständen wie auch die starken und schwachen Ausprägungen von Effekten.
- Was ist eine Widerlegung? Es ist grundsätzlich nicht möglich, die Nichtexistenz eines nicht eindeutigen Phänomens (z.B. Symptome unter EMF-Exposition) zu beweisen.
- Ersatzweise kann man so lange und auf schlaue Weise danach suchen, bis es extrem unwahrscheinlich ist, dass das vermutete Phänomen existiert. Man kann eine ernsthafte Suche aber auch nur vortäuschen, und auf diese Weise zum Schluss der extremen Unwahrscheinlichkeit gelangen. Dieses scheint die Forschungsstrategie der Industrie zum wenig eindeutigen Phänomen schädlicher Bioeffekte von EMF zu sein; eine derartige Forschungsstrategie wird wissenschaftstheoretisch als Verdünnungsstrategie bezeichnet. Wir werden in einem der nächsten Beiträge ein Beispiel für die untaugliche Suche nach EMF-Wirkungen besprechen.
- Ebenfalls ersatzweise kann auch auf dem Weg der Beweisführung versucht werden, die Nichtexistenz zu beweisen. Konkret wird zu beweisen versucht, dass Bioeffekte von schwachen EMF nicht möglich[/i seien. Bedingung dafür, dass dieser Beweis zutrifft bzw. wahr ist, ist das Zutreffen der Prämissen, der Voraussetzungen, die in dem Beweis verwendet werden. Die angeblichen Beweise, dass hochfrequente EMF keine biologischen Wirkungen auslösen können, basieren regelmässig auf dem Dogma von Schwan. Ein Dogma (z. B. das Dogma von Schwan) ist eine nicht weiter beweisbare Behauptung, und somit ist auch der auf einem Dogma beruhende „Beweis“ (z.B. dass EMF angeblich keine biologischen Effekte bewirken können) bloss eine nicht weiter beweisbare Behauptung.
- Was ist überhaupt Psychiatrisierung?
Dieser Begriff wird mit mehreren Bedeutungen verwendet, so dass hier dargetan werden soll, wie er im Zusammenhang mit EMF-Schädigung gemeint ist:- Leugnung der physikalischen Ursache „EMF“ für die Gesundheitsschädigung: Wissenschaftler bieten erfundene psychische Ursachen für die Symptome als Ersatz für die phyiskalische Ursache an. Dieser Ersatz wird von der Industrie dankbar ergriffen, denn auf diese Weise fällt die haftungsrechtliche Kausalität von EMF für Gesundheitsschädigungen scheinbar dahin. Dieser Effekt wird grundsätzlich auch durch eine Psychosomatisierung erreicht, ohne dass stets eine Psychiatrisierung erforderlich wäre. Mit einer Entschädigung von den Verursachern hat der Patient nicht zu rechnen, und eine Rente wegen Arbeitsunfähigkeit gäbe es auch nur dann, wenn sich der Patient psychosomatisieren und psychiatrisieren liesse. Diese Manöver, mit denen der Schaden vom Haftpflichtversicherer des Betreibers oder Herstellers auf den Krankenversicherer des Geschädigten umgelenkt wird, entsprechen einem Versicherungsbetrug oder einer Anstiftung dazu.
- Bekämfung der EMF-Geschädigten „durch Missbrauch der Psychiatrie im Sinne der Psychiatrisierung gesunder … Gegner“ ( http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=6568 ). Die Psychiatrisierung hat Diffamierung und Stigmatisierung der Betroffenen zur Folge, indem deren Schilderungen unglaubwürdig gemacht werden. Die Betroffenen werden darüber hinaus von ihrem sozialen Umfeld als „Spinner“ ausgrenzt, und im schlimmsten Fall wird ihre Persönlichkeitsstruktur bis hin zur Depression und zum Suizid zersetzt. Die auf diese Weise unglaubwürdig gemachten Betroffenen werden auf der juristischen Ebene wehrlos gemacht, denn die Richter als medizinische Laien entscheiden auf Grund von „wissenschaftlichen“ Gutachten, die sie selbst nicht lückenlos nachvollziehen können.
Es ist in keiner Weise bewiesen, dass schwache EMF keine biologischen Effekte auslösen können. Die Forschung leidet an drei hauptsächlichen Unschärfen:
- Physik: Zu den athermischen Effekten fehlt die Messung der Feldstärke auf der molekularen und zellulären Ebene, und die thermischen Effekte, die mit der SAR umschrieben werden, sind biologisch praktisch irrelevant.
- Physik: Das Dogma von Schwan, nach welchen es unmöglich sei, dass schwache EMF biologische Effekte auslösen könnten, wird zwar angewandt, dabei aber nicht genannt, und bleibt darum als Schwachstelle der Beweisführung unerkannt.
- Medizin: Die Vermengung von imaginärer Mikrowellen-Wahrnehmung und Symptomen aus EMF-Effekten erlaubte Repacholi den Scheinbeweis, dass fehlende Mikrowellen-Wahrnehmungsfähigkeit gleichbedeutend mit fehlendem Zusammenhang zwischen EMF und Bioeffekten sei.
Da die gleichen Leute, welche die ICNIRP gegründet haben, und mit dieser die Grenzwerte für EMF festgelegt haben, sich gleichzeitig auch für die Überprüfung dieser Grenzwerte zuständig erklärt haben, und über die WHO die erwähnten Unschärfen für die „Forschung“ als verbindlich durchgesetzt haben, können auf diesen Grundlagen gar keine gültigen Beweise zu EMF-Bioeffekten geführt werden.