"Begleitstudie" zum Beratungsnetz (3) Allg. Teil

Wuff

"Begleitstudie" zum Beratungsnetz (3) Allg. Teil

Beitrag von Wuff » 14. April 2011 16:10

“Begleitstudie“ zum Beratungsnetz (3) Allg. Teil


Die Begleitstudie kann hier als PDF geöffnet werden: http://www.mobile-research.ethz.ch/var/ ... t_2011.pdf.

Auf das Projekt der AefU wurde neben anderem auch hier viewtopic.php?t=13181 aufmerksam gemacht.

Der volle Titel der Studie lautet: „Umweltmedizinische Beratungsstruktur im Praxisalltag: Machbarkeit, Bedarf und Nutzen – Begleitstudie“, sie wird unten als „Begleitstudie“ zitiert.

In Auftrag gegeben und mit CHF 100‘000 finanziert wurde die Studie von der Forschungsstiftung Mobilkommunikation (FSM), Zürich. Was sagt uns das?
  • Es sagt zunächst einmal überhaupt nicht, dass alles falsch ist, was in der Begleitstudie steht.
  • Dass hauptsächlich die Mobilfunkindustrie finanzierte, bedeutet dass hochfrequenter „Elektrosmog“ im Gigahertz- bzw. Mobilfunkbereich interessierte, und nicht oder kaum die Effekte anderer bzw. weniger hoch frequenter Felder.
  • Es sagt nicht, dass die Auftragnehmer ausdrückliche Anweisungen erhalten haben. Die Auftragnehmer können sich aber selbst genau ausrechnen, dass sie nur dann Folgeaufträge erhalten werden, wenn die Folgerungen der Studie im Sinne der Auftraggeber sind.
  • Als kritische Leser können wir uns unsererseits überlegen, welche Ergebnisse die Auftraggeber von der Studie unausgesprochen erwarten.
  • Als kritische Leser analysieren wir den Text weiterhin darauf, mit welchen Methoden und mit welchen Worten die Autoren die Hypothese zu widerlegen versuchen, Exposition zu EMF könnte zur Beeinträchtigung von Befinden und Gesundheit von Menschen führen.
Haupt-Auftragnehmer war Martin Röösli (Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut, Basel, Universität Basel), mit seinen Ko-Autoren Patrizia Frei (Institute of Cancer Epidemiology, Kopenhagen, Dänemark), Heinz Bolliger-Salzmann, Jürgen Barth, Michaela Hlavica (alle Institut für Sozial- und Präventivmedizin, Universität Bern) und Anke Huss (Institute for Risk Assessment Sciences, Utrecht, Holland).


Nachdem wir uns dazu entschieden haben, dieses Mal in der Reihenfolge des kritisierten Textes vorzugehen, beginnen wir mit der am Textbeginn stehenden Zusammenfassung, greifen aber wenn möglich nicht den danach gesetzten Einzelheiten vor. Wir zitieren einzelne Sätze aus der Begleitstudie streng in der originalen Reihenfolge, und kommentieren sie jeweils gleich. Damit die Sätze nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden, verweisen wir erneut auf den vollen Text in http://www.mobile-research.ethz.ch/var/ ... t_2011.pdf .



Begleitstudie: „ Das umweltmedizinische Beratungsnetzwerk (UMBN) ist ein Pilotprojekt unter der Trägerschaft des Vereins Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU). Es setzt sich aus einer zentralen telefonischer Anlaufstelle und aus umweltmedizinisch geschulten Grundversorgern (Netzärzte) zusammen, welche in verschiedenen Regionen der Schweiz in ihren bestehenden Praxen umweltmedizinische Abklärungen [...] “

Kommentar: Dieser eigentliche Aufwand des Netzwerks wurde gemäss der Angabe der Forschungsstiftung Mobilkommunikation nicht durch deren CHF 100'000 gedeckt. Die Arbeit des Netzwerks erforderte wohl ein grosses Mass durch Idealismus motivierte Gratisarbeit der Ärzte.


Begleitstudie: „ [...]nach einem standardisierten, einheitlichen Protokoll durchführen.

Kommentar: Wie vieles anderes fiel auch hier erst beim zweiten Lesen auf, dass dieses Protokoll nicht der Studie beilag, und dass auch nicht darauf verwiesen wird; unterliegt es möglicherweise einer Geheimhaltung? Wenn nach einem solchen “standardisierten, einheitlichen Protokoll“ gearbeitet wurde, dann müssten die Patientendaten medizinwissenschaftlich auswertbar sein. Vielleicht erfahren wir mehr dazu, wenn das Netzwerk seinen eigenen Bericht schreibt.


Begleitstudie: „Bei dieser Abklärung werden umweltbezogene, somatische und psychische Faktoren gleichermassen berücksichtigt [...]“

Kommentar: Hier fiel erst beim dritten Lesen auf, dass die umweltbezogenen Faktoren am Ende des Textes überhaupt nicht mehr ernst genommen wurden.


Begleitstudie: „Die Abklärung wird [...] durch einen zusammenfassenden Bericht abgeschlossen.“

Kommentar: Auch diese Berichte könnten für die medizinische Wissenschaft ausgewertet werden.


Begleitstudie: „Ziel der wissenschaftlichen Begleitstudie war, zu evaluieren, in welchem Ausmass die umweltmedizinische Beratung in Anspruch genommen wird und ob sie von Betroffenen als hilfreich erlebt wird.“

Kommentar: Hier drücken die Autoren aus, dass eine Auswertung für die medizinische Wissenschaft durch die Begleiter von der Forschungsstiftung nicht vorgesehen war, und dass wohl auch keine solche erfolgte. Eine solche Auswertung würde bedeuten, dass die erste Phase medizinischer Forschung, die Beobachtung, wenigstens teilweise überhaupt einmal nachgeholt würde. viewtopic.php?p=45928#45928 . Dieses wiederum wäre mit dem Risiko für die Geldgeber verbunden, dass Zusammenhänge zwischen EMF und Symptomen offensichtlich würden, und letztlich auch nachgewiesen werden.

Wir werden weiter unten sehen, dass von den Autoren dennoch einige interessante Daten erhoben und ausgezählt wurden.


Begleitstudie: „Bei Patienten, die Probleme wegen elektromagnetischen Feldern (EMF) hatten, war der Eindruck der ersten Konsultation bei einem Netzarzt grundsätzlich positiv. Sie fühlten sich ernst genommen und sind der Meinung, der Arzt habe ihr umweltmedizinisches Problem verstanden.“

Kommentar: Beim zweiten Lesen fiel der Widerspruch zu den protokollierten Aussagen der Fokusgruppe auf. Dem gemäss halten die Ärzte einen Zusammenhang zwischen EMF und Symptomen auf Grund der dosimetrischen Messungen für nicht gegeben, da die Exposimeter nur Werte weit unterhalb der Grenzwerte anzeigten. Wir werden darauf zurückkommen.


Begleitstudie: „Es konnte aber festgestellt werden, dass verschiedene Abklärungsverfahren im Laufe der Studien verfeinert und zielgerichteter eingesetzt wurden.“

Kommentar: Das betraf, gemäss dem zweiten Lesen, wohl nur die dosimetrischen Messungen.


Begleitstudie: „Wichtig ist die Einbettung in ein Netzwerk von Sachverständigen aus Medizin, Wissenschaft und Technik wie das zu einem grossen Teil jetzt schon der Fall ist.“

Kommentar: Mit „Sachverständigen aus ... Wissenschaft“ sind wohl die Wissenschaftler der Industrie gemeint, die sich hier selbst empfehlen


Begleitstudie: „ Ein vermehrter Einbezug von psychosomatischen Fachkenntnissen könnte hilfreiche Inputs für die weitere Optimierung der Behandlungen geben.“

Kommentar: Mit „Behandlungen“ ist wohl die kognitive Verhaltenstherapie gemeint, für welche Röösli wie eine Art Handelsreisender von Kongress zu Kongress tingelt. Der Vorschlag dieser Therapie beruht auf der Diagnose, „Elektrosensibilität“ sei gleich IEI-EMF (idiopathische Umweltunverträglichkeit mit Bezug auf EMF), viewtopic.php?p=43647#43647 . “vermehrter Einbezug von psychosomatischen Fachkenntnissen“ heisst mit anderen Worten, dass ein möglicher kausaler Zusammenhang von EMF und Symptomen verworfen wurde.


Begleitstudie: „Der weitere Betrieb eines UMBN lässt folgenden Nutzen erwarten:
• [...]
• Behandlungsansätze können erprobt und verfeinert werden.“


Kommentar: Auch hier dürfte die kognitive Verhaltenstherapie gemeint sein, auf deren verdeckte, weder für die Ärzte noch für die Patienten erkennbare Anwendung im Rahmen des Projekts noch zurückgekommen wird.


Begleitstudie „
• Patienten fühlen sich ernst genommen und besitzen eine kompetente Ansprechperson.“


Kommentar: Wenn die Patienten den Abschluss der Begleitstudie vorher gekannt hätten, hätten sie sich statt ernst genommen veräppelt gefühlt.


Begleitstudie: „
• Bei einem grösseren Bekanntheitsgrad der Beratungsstelle werden sich Patienten eventuell bereits in einem früheren Stadium ihrer Krankheit melden. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, eine Behandlung bereits dann einzuleiten, wenn die Leiden weniger chronifiziert sind und eine Krankheitstheorie weniger stark gefestigt ist“


Kommentar: Der wahre Sinn dieser Passage wird erst am Ende des kritisierten Textes klar.

In der Vergangenheit war es üblich, die von den Patienten ausgesprochene Vermutung, EMF seien die Ursache der Leiden, als die eigentliche Krankheit zu bezeichnen, d.h. als eine Art von mildem Wahn. Die entsprechenden Therapieversuche mit Neuroleptika mussten erfolglos bleiben, da „Wahn“, „überwertiges Denken“ etc. überhaupt nicht vorlagen, sondern als Diagnosen lediglich eine Vorgabe waren.

Eine modernere Diagnosevorgabe ist falsche Kognition, die mit kognitiver Verhaltenstheorie therapiert werden könne. Die falsche Kognition der Patienten soll darin bestehen, dass sie eine Wirkung von EMF für möglich halten, auch wenn die EMF weit unter dem (thermischen) Grenzwert liegen. Auch dieses wird sich dann als massenhafte Fehldiagnose erweisen, wenn nicht thermische Effekte nachgewiesen werden, die von den Grenzwerten nicht erfasst werden, d.h. wenn der Zusammenhang der von den Patienten hundertfach beobachteten Exposition zu EMF mit den daraufhin eintretenden Symptomen bestätigt wird. Die kognitive Verhaltenstherapie arbeitet wenigsten nicht mit gefährlichen Medikamenten, und sie wird sogar als wohltuendes Wellnessprogramm praktiziert. Es wird den Patienten lediglich eingeredet und vordemonstriert, dass die EMF unmöglich wirken könnten, da sie gemäss „Exposimeter“ weit unterhalb der (thermischen) Grenzwerte lägen. – Wir werden darauf im Einzelnen zurückkommen.


Begleitstudie: „
• Fachstellen im Umweltbereich, die keine Kompetenzen im Umgang mit Patienten haben aber dennoch von diesen um Hilfe angegangen werden, können Betroffene an eine zentrale Stelle verweisen.


Kommentar: Ist damit ein Ersatz der Luzerner Sprechstunde von Gebbers http://www.Sprechstundemobilfunk.ch gemeint, die wohl bei den EMF-Geschädigten kein Vertrauen mehr geniesst?


Begleitstudie: „
• Die Vernetzung von Experten und Fachstellen im Bereich von umweltbezogenen
Gesundheitsstörungen wird erleichtert.


Kommentar: Ist damit ein Netzwerk von Gleichrangigen gemeint, oder eine hierarchisch „von oben nach unten“ erfolgende Indoktrination der Ärzte durch die „eingeweihten“Wissenschaftler wie Röösli und durch Propagandisten wie forum-mobil.ch viewtopic.php?p=46137#46137 ?

Wuff

Einleitung (1)

Beitrag von Wuff » 16. April 2011 16:40

Einleitung (1)

(Fortsetzung von viewtopic.php?p=58509#58509 )

Heute nehmen wir einige Sätze aus der Einleitung der Begleitstudie http://www.mobile-research.ethz.ch/var/ ... t_2011.pdf , Seite 5, unter unsere kritische Lupe.
  • Begleitstudie Seite 5: “Eine repräsentative Erhebung in der Schweiz im Jahre 2004 kam zum Schluss, dass rund 5% der Bevölkerung sich als elektromagnetisch hypersensibel bezeichnet.“

    Kommentar: Dieses ist eine Verfälschung der Bezeichnung. Wohl kein einziger von den Befragten hat sich im Jahr 2004 selbst als „hypersensibel“ oder „elektromagnetisch“ bezeichnet. Dieser Bevölkerungsanteil stimmte der vorgegebenen Antwortmöglichkeit „elektrosensibel“ oder „Elektrosensibilität“ zu.

    Wer die Frage stellt, ob diese Bezeichnung gefälscht sei, der wird bald auf die Folgefrage kommen, ob man sein eigenes Werk fälschen könne. Die Erhebung wurde nämlich von Röösli und Kollegin erstellt. (Schreier N, Huss A, Röösli M (2006) The prevalence of symptoms attributed to electromagnetic field exposure: a cross-sectional representative survey in Switzerland. Soz Praventivmed 51(4): 202-9] (((((((((((((((((((((Link, und dort heraus zitieren)))))))))))

    Wie dem auch sei, ”elektromagnetisch hypersensibel“ ist genau so falsch wie es „elektrosensibel“ war:
    • Die Autoren etikettieren hier 5% der Bevölkerung als „Hypersensibelchen“, was in den Augen der Leser eine Herabsetzung dieser 5% bewirkt. „Elektromagnetisch hypersensibel“ ist die wortwörtliche Übersetzung zum englischen „electromagnetic hypersensitivity“, abgekürzt EHS. Es kann – muss aber nicht – Absicht der Autoren sein, diesen im Deutschen durch die wortwörtliche Übersetzung neu geschaffenen Begriff in diskriminierender Absicht anstelle von „elektrosensibel“ zu wählen. (Bezeichnenderweise sind die Leiter der Website izg(?)mf.de freudvoll auf diesen „EHS“-Zug aufgestiegen.)
    • Die Autoren fälschen / verfälschen das Umfrageergebnis in dem Sinn, als sie diejenigen Personen, die auf (statische oder niederfrequente) magnetische und elektrische Felder reagieren, als Personen etikettieren, die auf (hochfrequente) elektromagnetische Felder reagieren. Wir verweisen hier auf den ersten und den zweiten Punkt in viewtopic.php?p=58484#58484 .
    Über die Verfälschung eines eigenen Umfrageergebnisses hinaus kann es mindestens drei Dinge bedeuten, wenn Studienautoren nicht einmal die Noxe richtig beschreiben:
    • Die Wissenschaftler pfuschen speziell was die Einflussgrössen ihrer Experimente betrifft, was zwar sehr viele andere im Wissenschaftszweig Bioelectromagnetics ebenfalls tun.
    • Die Eigenschaften der Noxe interessieren die „Forscher“ überhaupt nicht, nicht einmal ihre Bezeichnung, weil sie fest glauben, dass sie keinen Schaden verursacht.
    • Die Wissenschaftler halten einen anderen Einfluss für schädlich, der nichts mit der zu untersuchenden Noxe zu tun hat. Welchen? Das werden wir weiter unten sehen.
  • Begleitstudie: “Das deutet darauf hin, dass bei einem Teil der Personen, diese Einschätzung transient ist“

    Kommentar: Nicht nur die Selbsteinschätzung kann transient / vorübergehend sein, sondern auch die Reagibilität. Es existieren Berichte von Personen, die nur während kurzer Zeit bzw. während weniger Wochen so auf EMF-Exposition reagierten, dass sie Symptome verspürten, und danach nie mehr. (Probandin „D“). Das bedeutet wiederum, dass das Phänomen, dass einige Menschen auf Exposition zu EMF mit Symptomen reagieren, das fälschlich als elektromagnetische Hypersensibilität“ oder „Elektrosensibilität“ benannt wird, nicht eine fest stehende Eigenschaft einer Person ist, sondern dass es biologische Reaktionen auf EMF gibt. Diese Unschärfe des Begriffs „Elektrosensibilität“ oder „EHS“ wird von denjenigen, welche biologische Effekte von EMF leugnen, dafür benutzt, Scheinbeweise gegen einen Zusammenhang von EMF und Symptomen zu führen. Diese Leugner führen mit rhetorischen Kniffen Scheinbeweise, die auf ersten Anblick sogar nur logisch erscheinen.

    Rööslis Glaubensdoktrin, dass EMF keine biologischen Effekte bewirken, ist offensichtlich dermassen fest gefügt, dass die von ihm entworfene Begleitstudie nicht etwa Reaktionen der Patienten auf EMF beobachten lässt, sondern Patienten allein nach deren Einstellung zu EMF als „elektromagnetisch hypersensibel“ etikettiert. Davon wiederum lässt sich ableiten, dass die EMF-Opfer angeblich als psychisch von der grossen Mehrheit abweichend erscheinen. (Im trittbrettfahrenden Gefolge Rööslis titelt denn auch die Website izg(?)mf.de höhnisch „Patienten … psychisch angeschlagen“)
  • Begleitstudie: „Personen, die ihre Beschwerden auf Umweltfaktoren und insbesondere elektromagnetische Felder zurückführen, standen bislang vor einem Dilemma. Wissenschaftliche Provokationsstudien fanden bisher keine Hinweise, dass kurzzeitige EMF Expositionen akute Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Nervosität verursachen können“

    Kommentar 1: Was ist das Dilemma der Betroffenen, die von diesen Studien meist überhaupt nichts wissen? ... sehr seltsam. Wirklich seltsame „Logik“.

    Kommentar 2: Zur Qualität und damit auch zur Aussagekraft dieser pseudowissenschaftlichen Mikrowellen-Wahrnehmungs experimte verweisen wir hier einmal mehr auf viewtopic.php?p=45853#45853 .
  • Begleitstudie: „Auch langfristige Auswirkungen konnten in methodisch gut gemachten Studien nicht beobachtet werden“.

    Kommentar: Studien, die nur „kurzzeitige EMF Expositionen“ untersuchen, können keine Aussagen zu „langfristigen Auswirkungen“ treffen, mögen sie noch so „methodisch gut gemachte Studien“ sein. Oder drücken sich die Autoren bloss unverständlich aus?
  • Begleitstudie: „Damit können aus der bisherigen Forschung keine evidenzbasierten Massnahmen und Behandlungsansätze für Betroffene abgeleitet werden.“

    Kommentar: Ist Rööslis bisherige Therapieempfehlung „kognitive Verhaltenstherapie“ hinfällig? Oder empfiehlt er das weiterhin, einfach durch Verzicht auf Benennung getarnt? Wie funktioniert so was? Wir werden das weiter unten sehen.
  • Begleitstudie: „Ohne solche Behandlungsrichtlinien („guidelines“) sind die ärztlichen Grundversorger mit diesen Fällen häufig überfordert.“

    Kommentar: „Guidelines“ sind Anleitungen der Schulmedizin, nach welchen bestimmte Krankheiten behandelt werden sollen. Nun ist „Elektrosensibilität“ keine anerkannte Krankheit, weil EMF unterhalb der thermischen Grenzwerte durch die enge thermische Definition der Grenzwerte als harmlos gelten, während nicht thermische Wirkungen durch die gleiche Definition angeblich nicht existieren sollen.

    Allerdings hat Repacholi die Bezeichnung IEI-EMF, für idiopathische Umweltunverträglichkeit bezogen auf EMF, also eine psychosomatische Ursache, vorgeschlagen. Röösli wird noch explizit darauf zurückkommen.

    Wegtherapiert werden soll die Vermutung oder Überzeugung der sog. „Elektrosensiblen“, ihre Symptome würden durch EMF verursacht. Sie müssen davon überzeugt werden, dass EMF unterhalb der Grenzwerte nichts bewirken können. Weiter unten werden wir sehen, wie ihnen mit Hilfe von „Exposimetern“ demonstriert wird, dass die EMF immer weit unterhalb der (thermischen) Grenzwerte sind.

Wuff

Beitrag von Wuff » 16. April 2011 18:44

Wuff hat geschrieben:Wer die Frage stellt, ob diese Bezeichnung gefälscht sei, der wird bald auf die Folgefrage kommen, ob man sein eigenes Werk fälschen könne. Die Erhebung wurde nämlich von Röösli und Kollegin erstellt. (Schreier N, Huss A, Röösli M (2006) The prevalence of symptoms attributed to electromagnetic field exposure: a cross-sectional representative survey in Switzerland. Soz Praventivmed 51(4): 202-9] (((((((((((((((((((((Link, und dort heraus zitieren)))))))))))

Diesen Abschnitt habe ich zu früh hochgeladen. Das zeigt nur deutlicher mein Vorgehen: Ich wollte nämlich schriftliche Quellen zu meinen Aussagen nachweisen.

Die Suche nach einer frei verfügbaren Fassung der zitierten Studie war vergeblich, oder wurde zu früh abgebrochen. Ein frei zugängliches PDF zu dieser Studie existiert nicht, lediglich ein kurzes Abstract in Englisch ( http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17193782 ) und eine Bezugnahme im EMF-Portal ( http://www.emf-portal.de/viewer.php?sfo ... =14560&l=g )

Was auch ohne ein Exemplar der Studie absolut klar ist, ist dass die Umfrage unter den Schweizern in Deutsch und nicht in Englisch durchgeführt wurde. Die Ergebnisse wurden allem Anschein nach nur in Englisch publiziert. Die „Eigen-Fälschung“ erfolgte durch falsche Rückübersetzung ins Deutsche:
  • 1. Schritt: In Deutsch wurde nach „elektrosensibel“ gefragt
  • 2. Schritt: Ins Englische wurde das als „electromagnetic hypersensitive“ übersetzt
  • 3. Schritt: Zurück ins Deutsche wurde mit „elektromagnetisch hypersensibel“ übersetzt.
Wir haben eine neue Methode der Studienmanipulation gefunden. Fein, der heutige Tag ist nicht verloren, denn jeder Tag, an dem wir nichts dazulernen, ist ein verlorener Tag.

Wuff

"Begleitstudie" - 2. Teil zur Einleitung

Beitrag von Wuff » 17. April 2011 17:46

(Fortsetzung von viewtopic.php?p=58566#58566 )

Wir picken heute noch einige weitere Sätze aus der Einleitung der Begleitstudie http://www.mobile-research.ethz.ch/var/ ... t_2011.pdf , Seite 5.
  • Begleitstudie, etwas unterhalb der Mitte von Seite 5: “Eine Erhebung in Deutschland hat dokumentiert, dass Hausärzte erhebliche Kenntnislücken hinsichtlich der Eigenschaften und Risiken von EMF besitzen.[...]“

    Kommentar: Das ist eine völlig plausible Aussage, denn technisches Wissen zu EMF braucht nicht die Kernkompetenz schlechthin des Hausarztes zu sein, und auch nicht unbedingt der Netzärzte. Dennoch oder gerade deswegen stellen sich mehrere Fragen:
    • Was setzen die Befrager als die wahren Risiken von EMF voraus? Das wäre noch nachzusehen (Quelle zur Erhebung: Berg-Beckhoff G, Heyer K, Kowall B, Breckenkamp J, Razum O (2010) Wie schätzen Allgemeinmediziner die Risiken durch elektromagnetische Felder ein? Deutsches Ärzteblatt 107(46): 817-823: http://data.aerzteblatt.org/pdf/107/46/m817.pdf ). Ein kurzes Diagonallesen ergibt, dass die Autoren EMF unterhalb der Grenzwerte als risikolos betrachten.
    • Folgerichtig erachten die Autoren den Ratschlag von Ärzten zu Deexposition als falsch bis schädlich, und wahrheitsgemässe Aussagen von Ärzten gegenüber Patienten, dass „die Wissenschaft nicht mit absoluter Sicherheit ein gesundheitliches Risiko ausschliessen kann“ seien gefährlich. Die Autoren vertreten hier die Meinung von ICNIRP-Gründungspräsident Repacholi, Verantwortlicher für die Grenzwerte und für das WHO Fact Sheet 296, welchem die Autoren ihre Meinung entnahmen.
    Dann stellen sich dem kritischen Leser Folgefragen:
    • Wer soll die Hausärzte über die gesundheitsrelevanten Eigenschaften und über die wahren Risiken von EMF instruieren? Wir hoffen, dass es nicht die Industrie selbst tut, denn deren zu öffentlichen Aussagen befugte Chefs kennen die Funktionsweise ihrer Produkte anscheinend nicht einmal, siehe Diskussion in viewtopic.php?t=35606 .
    • Wer hat die Netzärzte über die relevanten Eigenschaften und über die wahren Risiken von EMF instruiert?
    Die zentrale Frage für das Verständnis der Begleitstudie ist: Wann, wie und durch wen erfolgte diese Instruktion bei den Ärzten des Beratungsnetzes? Auch nach dem zweiten Lesen der Begleitstudie fand sich dazu keine Antwort. Die Vermutung ist zunächst nahe liegend, dass die Instruktion von der Industrie stammte, welche die wissenschaftliche Begleitung der Ärzte in Auftrag gab. Erst beim dritten Mal Lesen der Begleitstudie fiel uns auf, dass der Referenzenapparat ganz am Ende der Studie prominent Arbeiten der Autoren der Studie aufführt, die immer wieder ganz oder teilweise von der Industrie finanzierte Studien erstellen. Die Ärzte sind allem Anschein nach vom Verfasser der Begleitstudie, nämlich von Röösli, über die EMF und ihre gesundheitlichen Risiken „aufgeklärt“ worden. Röösli war somit in der Lage, einen Teil der Ergebnisse der Studie an der Quelle direkt zu beeinflussen. Hat Röösli nun noch eine Begleitstudie geschrieben, oder ein soziales Experiment mit Medizinern protokolliert? Wie wir am Ende sehen werden, war die Indoktrination jedenfalls ein voller Erfolg.
Humor dazwischengeschaltet:

Die Ärzte einer Stadt fragen sich, ob es Schäden von EMF gibt. Sie schicken einen er ihren auf Fragetour. Die Antworten von den Mobilfunkindustrie, von den DECT-Hersteller, von den Sparlampenverkäufern und von Forum-Mobil sind alle gleich: Es gibt keine EMF-Schäden. Als der ausgesandte Arzt zurückkommt, und dieses berichten, meinen die anderen: Der gehört zur Industrie.

Dieser Witz ist abgeleitet vom Witz vom Huhn und von der Mafia: Die Hühner eines Hühnerhofs fragen sich, ob es die Mafia gibt. Sie schicken eines er ihren auf Fragetour. Die Antworten von der Polizei, vom Stadtpräsidenten und vom Richter sind alle gleich: Es gibt keine Mafia. Als das ausgesandte Huhn zurückkommt, und dieses berichtet, meinen die anderen: Dieses Huhn gehört zur Mafia.

  • Begleitstudie: “ [... ] und in einer schweizerischen repräsentativen Hausarztbefragung wurde ein grosser Bedarf nach weiterführender Information festgestellt.“

    Kommentar: Welch ein Marktpotenzial für forum-mobil.ch, izmf.de und fmk.at etc.! Sozusagen leider nur für diese, denn sich in Konkurrenz zu versuchen wäre sinnlos, weil die Genannten ihre Informationen dank Vollfinanzierung durch die Industrie gratis abgeben. Diese Gratisabgabe von Information begründet gleichzeitig das Monopol für Information zu EMF bei der Industrie. Bei forummobil.ch und izmf.de arbeiten Personen wie Röösli ( http://www.forummobil.ch/files/webconte ... tia1_d.pdf ) und Lerchl mit.
  • Aus der Begleitstudie, zum Basler Projekt: “Weiterhin wünschte die Mehrheit der befragten Ärztinnen und Ärzte eine umweltmedizinisch orientierte Anlaufstelle, an der derartige Fälle abgeklärt werden können.“

    Kommentar: Hier fiel uns irgendwie spontan auch Medgate ein. Dieser schnell wachsende Telefonmedizindienst erfüllt bereits medizinische Funktionen. Medgate ist aber eine nicht konsolidierte Division von Swisscom: viewtopic.php?p=58455#58455 . Auch trotz Zwischenschaltung von Stiftungen etc. zwischen Swisscom und die Medcom-Ärzte dürfte ein zu offensichtliches spezialisiertes Angebot von Medgate für EMF-Geschädigte suspekt erscheinen. Swisscom und alle anderen EMF-Emittenten werden schon glücklich sein, dass sehr viele EMF-Geschädigte auch ohne Propaganda bei einer Tochtergesellschaft von Swisscom anrufen. Eine zunehmende Zahl von Krankenkassen mit einer ebenso zunehmenden Miitgliederzahl arbeitet mit Medgate zusammen.
  • Aus der Begleitstudie, zum Basler Projekt: “[...] 45 Prozent der elektrosensiblen Patienten bestätigten eine mindestens teilweise Besserung des Gesundheitszustandes nach Umsetzung von Beratungsvorschlägen.“

    Kommentar: Welches waren diese Vorschläge in Basel? Vielleicht liessen sich daraus Hypothesen zum Wirkmechanismus athermischer Effekte von EMF ableiten. – Vielleicht hat das jemand gelesen (Huss A, Kuchenhoff J, Bircher A, et al. (2004) Symptoms attributed to the environment—a systematic, interdisciplinary assessment. Int J Hyg Environ Health 207(3): 245-54 ) , und erinnert sich daran, dann können wir uns die USD 31.50 Downloadgebühr sparen.
  • Aus der Begleitstudie, zum Basler Projekt: “Dieses Forschungsprojekt war jedoch sehr zeit- und kostenintensiv und konnte nicht weitergehend finanziert werden. [...] „, aus der Begleitstudie zum Projekt UMBN: “Die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz haben nun aus eigener Initiative ein umweltmedizinisches Beratungsnetzwerk (UMBN) implementiert mit dem Anliegen, Personen, die ihre gesundheitlichen Beschwerden mit Umweltbelastungen in Zusammenhang bringen, eine umfassendere ärztliche Abklärung und Konsultation zu gewährleisten, als dies bisher in der Schweiz möglich ist.

    Kommentar: Nicht nur für die Begleitstudie der Mobilfunker fielen Kosten in Höhen von mindestens CHF 100'000 an, auch bei den Netzärzten wurde mit Sicherheit ganz erheblicher Aufwand betrieben. Wie wurden dieser Aufwand gedeckt, auch durch finanzielle Unterstützung Dritter, oder nur durch die unbezahlte Fronarbeit der Ärzte? Gemäss einer schriftliche Frage an die telefonische Anlaufstelle erfolgte viel Arbeit in Eigenleistung des Vereins AeFU bwz. seiner Mitglieder.

    Ärzte, die sich an einem derart aufwändigen Programm beteiligen, und die sich weiterbilden wollen, werden durch die Liebe zu ihrem Beruf und zu ihren Patienten bewegt, und es sind fachlich wohl auch nicht die schlechtesten Mediziner. Es ist schön, dass es solches auch heute gibt. Es wäre hässlich, wenn dieser Idealismus missbraucht würde.

Wuff

“Begleitstudie“ 3 – Ziele

Beitrag von Wuff » 19. April 2011 08:37

“Begleitstudie“ 3 – Ziele

(Fortsetzung von viewtopic.php?p=58578#58578 )

Heute schauen wir uns ein paar Sätze aus den Zielen der Begleitstudie http://www.mobile-research.ethz.ch/var/ ... t_2011.pdf , Seite 7, an.


Die in der Studie genannten Ziele der Studie müssen nicht zwingend mit dem wirklichen Zweck der Studie übereinstimmen, den sie aus der Sicht ihrer Initiatoren und Financiers erfüllen soll. Es kann auch nicht realistisch erwartet werden, dass die Mobilfunkbranche Studien finanziert, welche die Schädlichkeit von EMF nachweisen. Gehen die Autoren im Sinne ihrer industriellen Auftraggeber von der Harmlosigkeit der EMF aus? Wenn ja, wie wirkt sich das auf die Begleitstudie aus? Wenn ja, nehmen sie auch Einfluss auf den Verlauf des ärztlichen Angebotes? Wenn ja, wie weit gehen sie damit? Sehr weit, wie wir am Ende der Studie bzw. Studienkritik sehen werden.
  • Begleitstudie: “Die wissenschaftliche Begleitstudie des umweltmedizinischen Beratungsnetzwerks (UMBN) hat zum Ziel zu evaluieren, in welchem Ausmass eine solche Beratung von den Betroffenen in Anspruch genommen wird und als hilfreich erlebt wird. Aus der systematischen Erfassung und Bewertung soll schliesslich abgeleitet werden, welche Schritte den betroffenen Personen am meisten Hilfestellung geben, und an welchen Stellen die Beratungsstruktur allenfalls optimiert werden müsste.“

    Kommentar. Erst beim dritten Lesen fiel uns auf, dass als Ziel fehlte, irgendwelche Aussagen zu medizinischen Massnahmen zu Effekten von EMF zu treffen. In der Zielsetzung geht es nur um „hilfreiches Erleben“ und um „Hilfestellung“, als wäre den Autoren von vornherein klar gewesen, dass EMF nichts bewirken können, und dass nichts auf die Ursache Bezogenes gegen die Wirkungen von EMF unternommen werden könne.
  • Begleitstudie: “ In der Begleitstudie sollen die folgenden Daten erhoben und evaluiert werden:
    1. [...]
    c) Bei Personen, bei denen Beratungen eingeleitet werden: Erfassung der Symptome und
    vermuteten Umweltexpositionen, die damit in Verbindung gebracht werden“


    Kommentar: Beim zweiten Lesen stellten sich die Fragen:
    • Medizinisch-wissenschaftlich interessant wäre zu erfahren, ob es plausible Expositions-Symptom-Paarungen gibt.
    • Kann man aus solchen Paarungen auf mögliche Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge spekulieren?
    • Wem gehören entsprechend auswertbare Daten, nachdem sie einmal erfasst worden sind?
    Erst beim dritten Lesen fiel auf:
    • Wo sind diese Expositions-Symptomen-Paarungen verblieben? Nirgends! Das Ziel 1.c) „Symptome und vermutete Umweltexpositionen, die damit in Verbindung gebracht werden“ der Begleitstudie wurde anscheinend krass nicht erfüllt.

      Da stellen sich Fragen bzw. Folgefragen:
      - Wurden Ergebnisse der Öffentlichkeit vorenthalten bzw. unterschlagen?

      - Oder war das Ziel gar nicht ernst gemeint, und diente bloss der Vorab-Propaganda für die Begleitstudie?

      - Oder verfolgte die Begleitung der Netzärzte durch Wissenschaftler der Forschungsstiftung Mobilkomminikation in Wirklichkeit ganz andere als die deklarierten Ziele?
    • Es gab auch keine Auswertung mit einem Vergleich der 48% der Patienten, bei denen der Zusammenhang zwischen EMF und Symptomen als plausibel erachtet wurde (Seite 39, Tabelle 9, Frage 4). Die auf Patientengespräche gegründete Diagnostik durch die Ärzte wurde von den Autoren ignoriert.
    • Von ergebnisoffener Herangehensweise des Begleitteams kann keine Rede sein. Es ging den Autoren anscheinend bloss um Bestätigung von Vorurteilen, dass kein Zusammenhang zwischen EMF und Symptomen bestehe.
  • Begleitstudie: “2. Bewertung der Nützlichkeit der Beratungsstruktur.
    [...]
    b) [...] welche der Untersuchungs- und Beratungsschritte für welche Patientengruppe als besonders, bzw. als weniger hilfreich erlebt werden.“


    Kommentar: Es wird nur nach subjektivem Erleben der Patienten gefragt. Anscheinend war für die „Forscher“ von Anfang an klar und sie gingen von folgenden Vorurteilen aus:
    • EMF haben keine objektivierbaren Effekte.
    • Zwischen EMF und Symptomen gibt es keinen kausalen Zusammenhang.
    • EMF-Schädigung kann und muss nicht medizinisch angegangen werden.
    Hier tritt der Begriff „welche Patientengruppe“ auf. Bei medizinischen Studien werden auch stets Gruppen gebildet, die miteinander verglichen werden. Welche Gruppen von „Elektrosensiblen“ könnten vor dem Hintergrund interessieren, dass „Elektrosensibilität“ umstritten ist?

    Beginnen wir damit, was die Autoren der Begleitstudie der Veröffentlichung wert hielten. Sie werteten ein einziges Mal nach Patientengruppen aus, und zwar in Tabelle 11 auf Seite 47 zur Frage, ob das Ärztenetzwerk aus Sicht der Patient nützlich sei. Hier wurden sehr interessante Gruppen gebildet:
    • Klarer zeitlicher und örtlicher Zusammenhang zwischen Exposition und Symptomen
    • Kein klarer zeitlicher und örtlicher Zusammenhang zwischen Exposition und Symptomen
    Dieses ist unseres Erachtes der stärkste Indikator für einen kausalen Zusammenhang zwischen EMF und Beeinträchtigungen von Gesundheit und Befinden.

    Hier hätte viel mehr untersucht werden können, vor allem Art der EMF-Quelle und der Symptome: Welche Symptome sind mit welchen EMF-Quellen verbunden? Wenigstens nach hoch- und niederfrequenten Feldern hätte unterschieden werden können. Die Daten scheinen im Besitz der Studienautoren zu sein. Vielleicht trifft diese auf die veröffentlichten Abläufe der Studie gestützte Vermutung auch gar nicht zu. Die Patientenzahl ist zwar zu klein für signifikante Ergebnisse, eine Auswertung könnte dennoch wertvolle Hinweise geben. Schade um die verpassten Chancen zur Wahrheitsfindung in Sachen EMF-Einflüsse auf den Menschen.

    (Was dachten sich wohl die Patienten, als sie ihre Fragebogen ausfüllten, was mit den Daten geschehe?)

Wuff

"Begleitstudie" (3) - Methode

Beitrag von Wuff » 22. April 2011 10:26

“Begleitstudie“ 3 – Methode

(Fortsetzung von viewtopic.php?p=58597#58597 )

Wir kommen nur zum Abschnitt „Methode“ ab Seite 8 der Begleitstudie http://www.mobile-research.ethz.ch/var/ ... t_2011.pdf .

  • Begleitstudie Seite 10:“Patientenfragebogen [...]Die Fragebögen dienten der Erfassung der Symptome und der vermuteten Umweltexpositionen, die damit in Verbindung gebracht wurden. “.

    Kommentar: Das trifft für Umweltexpositionen in Form von Feldquellen (EMF) nicht wirklich zu. Wie wir im letzten Beitrag gesehen haben, wurde nicht bzw. nicht sachgerecht nach Hoch- und Niederfrequenz unterschieden. Eine solche Unterscheidung ist wichtig, denn elektromagnetische Hochfrequenzstrahlung wirkt anders auf den Körper ein als niederfrequente elektrische und magnetische Felder. Eine sachgerechte Differenzierung hätte Hinweise auf Wirkmechanismen geben können, die wohl nach Art der Felder unterschiedlich sind.
  • Begleitstudie:“Der Patientenfragebogen [...] wurde [...] vom Netzarzt [...]der wissenschaftlichen Begleitstelle zur Dateneingabe und Auswertung zugesandt. “

    Kommentar: Hatten die AefU als Gruppe bzw. die begleiteten Netzärzte keinen Zugriff bzw. keine Möglichkeit, diese Fragebögen selbständig nach Zusammenhang zwischen Exposition und Symptomen auszuwerten? Wenn nein, warum nicht?
  • Begleitstudie:“Dieser Fragebogen beinhaltete Items zur Arzt-Patientenkommunikation sowie ebenfalls die empfundene Übereinstimmung in der Situationseinschätzung mit dem Patienten. “

    Kommentar: Da keine wissenschaftlich allgemein anerkannte „Tests“ auf „Elektrosensibilität“ existieren, ist die Frage wichtig, bei welchen Patienten ein Zusammenhang zwischen EMF und Beeinträchtigungen plausibel sei. Neben dem Punkt „örtlicher und zeitlicher Zusammenhang von Exposition und Symptomen“ ist auch die mehr oder weniger subjektive Einschätzung des Arztes wichtig, der über praktische Erfahrung mit Abklärungen verfügt. Wenn der Arzt einen Zusammenhang zwischen EMF-Exposition und Symptomen für möglich hält, dann ist das unserer Ansicht nach ein wesentlich deutlicherer Hinweis auf Plausibilität als beispielsweise das Überschreiten eines bestimmten Prozentsatzes der thermisch bestimmten Grenzwerte wie in der Basler Studie, welches das Plausibilitätskriterium der Basler Studie war.
  • Begleitstudie:“Es war beabsichtigt bei den ersten 20 Personen, die als Ursache ihrer Symptome spezifisch hochfrequente elektromagnetische Feldquellen vermuten, als zusätzliche Abklärung ein Exposimeter einzusetzen.“

    “Damit sollte evaluiert werden, ob Exposimeter hilfreich in Beratungen eingesetzt werden können

    Kommentar: Erst beim dritten Mal Lesen fiel hier auf, dass die Exposimeter wohl von Anfang an als psychologische Falle gedacht waren. Bereits das Wort „Exposimeter“ ist einerseits irreführend, anderseits auch kennzeichnend. Exposimeter suggeriert zum ersten Messung der biologisch relevanten Exposition, und es suggeriert zum zweiten durch die Ähnlichkeit mit dem Wort „Dosimeter“ eine anerkannte Messung einer biologisch relevanten Strahlendosis. Der so erweckte Eindruck ist falsch. Die Exposimeter zeigen falsche und irreführende Werte an:
    • Biologisch irrelevante Durchschnitte: Im athermischen Bereich nichtionisierender Strahlung sind es die Spitzenwerte, welche auf die Moleküle einwirken, - Durchschnitte sind biologisch völlig irrelevant, und erst recht die darin enthaltenen Sendepausen.
    • Nur bei ionsierender (= radioaktiver) Strahlung ist es physikalisch-biologisch sinnvoll, Strahlenmengen aufzusummieren, - der Wirkmechanismus ist ein völlig anderer als bei nichtionisierender Strahlung.
    Der offensichtliche Zweck des Einsatzes der Exposimeter war, den Patienten weiszumachen, dass EMF nicht Ursache von Beschwerden sein können, nachdem die gemittelten Durchschnittswerte durch die Mittelung weit unterhalb der Grenzwerte liegen. Dass es sich um thermisch bestimmte Grenzwerte handelt, wurde dabei verschwiegen. Dieses Verschweigen ist Teil eines Täuschungsmanövers.

    Zur täuschenden Wirkung des thermisch bestimmten Masses SAR für die Grenzwerte siehe viewtopic.php?p=45230#45230 . Neben den thermisch bestimmten Grenzwerten, die von der ICNIRP vorgeschlagen wurden, sollten unabhängig von thermischen Effekten auch Grenzwerte für die nicht thermischen Effekte bestimmt werden.



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EXKURS

Aus aktuellem Anlass, nämlich dass im izg(?)mf Forum ein seltener interessanter Beitrag kam, zitieren wir einige Sätze aus dem Beitrag des dortigen Teilnehmers Kuddel in http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=45418 .

Er beschreibt die physikalisch-biologisch relevante Charakteristik von WLAN in guter und verständlicher Sprache:

“Die wirkliche Peak-Strahlungsleistung eines WLAN-Senders gemäß IEEE802.11g/n kann und darf bis zu ca 1 Watt EIRP betragen (aufgrund des Crest-Faktors von 10dB), nur die mittlere Strahlungsleistung während des Sendepulses ist auf 100mW EIRP begrenzt.
Das liegt daran, daß eine WLAN Aussendung eine amplitudenmodulierte Hüllkurve hat und während des Sendepulses die Leistung unregelmäßig (rauschartig) kurzzeitig oberhalb und unterhalb der mittleren Leistung liegt."


Bei GSM-Mobilfunk und DECT werden in regelmässigen, kurzen Abständen Pulse gesendet. Die Nutz-Information, die mit diesen Pulsen steckt, wird mit kleinen Freqenzabweichungen von der Trägerfrequenz codiert versendet (schmalbandige Frequenzmodulation, FM). Ein GSM- bzw. DECT-Puls ist immer gleich stark, unabhängig vom gesendeten Inhalt, der Inhalt bzw. die Information steckt in den minimen Frequenzabweichungen. Bei WLAN kommt allerdings auch noch Amplitudenmodulation dazu: Die Information wird durch Variationen der Strahlungsleistung während der Pulse übermittelt. Das heisst, dass die Strahlungsleistung während des Pulses noch variiert wird, und dass es somit Spitzen-Leistungsabgaben gibt, die noch um einiges oberhalb des Durchschnitts des Pulses liegen, welcher für den Grenzwert massgebend ist. Kuddel beschreibt das wie nachfolgend (eine Abbildung findet sich hier http://de.wikipedia.org/wiki/OFDM):

“=> Sozusagen viele kurze "Peaks" von bis zu 10-facher Leistung innerhalb des Sendepulses aufweist. Wenn man den Sendepuls als "Peak" bezeichnen möchte, analog zum Dect, müßte man eigentlich von "Peaks im Peak" sprechen.
Die Dauer der "Peaks" im Sendepuls ist dabei sehr kurz (einige 100 Nanosekunden), so daß die meisten Meßgeräte das nicht mitbekommen, weil deren Peak-Hold-Schaltung zu langsam ist (Reaktionszeit im Mikrosekundenbereich),so daß sie diese kurzen Peaks ausmitteln und nur die mittlere Leistung während des Pulses anzeigen (das gilt selbst für viele Spektrumanalysatoren).
DECT mit seiner FM-Modulation hingegen hat eine konstante Amplitude während des Pulses (also keine zusätzlichen "Peaks im Peak") und die Peak-Hold-Schaltung der Meßgeräte ist ausreichend schnell um den 80..400 Mikrosekunden langen Sendepuls mitzubekommen.“


W-LAN kann also noch wesentlich stärkere – sehr kurzzeitige - Spitzen abstrahlen als DECT-Basen, deren Spitzen-Sendeleistung circa 100mal höher als die durchschnittliche ist, welcher der Grenzwert zu Grunde liegt. Aus diesem technischen Exkurs lernen wir, dass das relativ simple Exposimeter die Feinheiten und Komplexitäten neuerer Funkstrahlung bei weitem nicht erfassen kann.

Kuddel beschreibt noch einige weitere Unterschiede zwischen WLAN und DECT, die für Personen, welche messen, interessant sind, wobei seine Ausführungen zur zeitlich gemittelten Leistung biologisch irrelevant sind:

“In der Praxis ist es allerdings so, daß viele WLAN die maximal erlaubte Sendeleistung nicht ausnutzen und daher die "Peaks im Peak" etwa die gleiche "Peak" Leistung wie beim DECT erreichen.
Davon abgesehen kann die zeitlich gemittelte Leistung eines WLAN-Senders (Stichwort SAR) während des Betriebs ein Vielfaches derer eines DECT Telefons erreichen (bis zum 10-fachen), weil beim WLAN abhängig von der zu übertragenden Datenmenge, die Sendepulse sehr lang bzw. die Sendepausen sehr kurz werden können (im Extremfall ca 20:1), während beim DECT die Sendedauer immer sehr kurz im Vergleich zur Sendepause bleibt (1:24).“


Wer sich nicht für den wirklichen Verlauf der Strahlungsleistung und ihre Spitzen interessiert, sondern nur für irgendwie gemittelte „Dosen“ eines Exposimeters, die durch den Einbezug von beispielsweise 99% Sendepausen bei DECT-Basisgeräten die Strahlung weit unter dem Grenzwert erscheinen lassen, der sollte keine Studien über die biologischen Effekte von Funkstrahlung schreiben. Der Exkurs zeigt, dass nicht nur die Trägerfrequenzen biologisch relevant sind, nach welchen das Exposimeter differenziert, z.B. 1900 MHz, sondern auch die Pulsung und gegebenenfalls die Amplitudenmodulation der Pulse. Diese interessanten Fakten müssen in Überlegungen zur Frage einfliessen, weshalb Menschen auf DECT und/oder WLAN mit Symptomen reagieren. Bei allen diesen Überlegungen darf nicht die Wirkungsweise von Radioaktivität (ionisierende Strahlung) und Mikrowellen (nichtionisierende Hochfrequenzstrahlung) durcheinander gebracht werden: Bei Radioaktivität ist die erhaltene Gesamtmenge entscheidend für die Schädigung, bei nichtionisierender Strahlung sind es die Spitzenwerte, welche auch bei sehr kurzer Exposition physikalisch-biologisch wirksam sind, und welche die biologischen Reaktionen auslösen.

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  • Begleitstudie Seite 11:“Erste Erfahrungen mit den Exposimetern wurden in der QUALIFEX Studie gesammelt. Dabei hatte sich gezeigt, dass Probanden häufig beruhigt waren, wenn sie feststellen, dass die Messwerte im Allgemeinen deutlich unterhalb der Grenzwerte lagen (ausser beim Gebrauch des eigenen Handys). Jedoch handelte es sich dabei nicht um elektromagnetisch hypersensible Personen.“

    Kommentar: Wir lernen daraus, dass sich Exposimeter-„Mess“-Resultate, wenn sie ins Verhältnis zu den rein thermisch bestimmten Grenzwerten gesetzt werden, als Beruhigungsmittel für die allgemeine Bevölkerung eignen.
  • Begleitstudie:“Im Rahmen dieses Projektes war es denkbar, dass die Exposimetermessungen geeignet wären falsche Vorstellungen über die eigene EMF-Exposition zu korrigieren, um dadurch möglicherweise eine Entschärfung der Problematik bei den
    Betroffenen zu erreichen.“


    Kommentar: Die Exposimeter wurden im Projekt für ein Experiment mit den „elektrosensiblen“ Patienten eingesetzt, nämlich ob der Einsatz von Exposimetern auch bei „elektrosensiblen“ Personen eine beruhigende Wirkung erzeugt. Der Einsatz der Exposimeter war ein psychosoziales Experiment mit den Patienten, auch wenn es nicht als solches bezeichnet wurde. „Falsche Vorstellungen korrigieren“ ist angewandte kognitive Verhaltenstherapie sozusagen in Reinkultur. Hier finden wir Rööslis kognitive Verhaltenstheorie nicht explizit sondern nur faktisch , nachdem wir weiter oben festgestellt hatten, dass sie in der Begleitstudie nirgends erwähnt wird. .

Wuff

Beitrag von Wuff » 24. April 2011 11:43

(Fortsetzung von viewtopic.php?p=58657#58657 )

  • Begleitstudie Seite 12 ( http://www.mobile-research.ethz.ch/var/ ... t_2011.pdf ):“Im Rahmen einer Fokusgruppe wurden die gemachten Erfahrungen und die ärztlichen Hypothesen zur Symptomentstehung erhoben.“

    Kommentar: Auf diesen Teil des Methoden-Abschnittes der Begleitstudie, nämlich auf die Methode der Fokusgruppe, kommen wir gegen Ende unserer Kritik zurück, nämlich dort, wo nicht nur diese Methode als solche, sondern ihre konkreten Ergebnisse behandelt werden. Wir werden dort nicht nur die theoretische Eignung von „Fokusgruppen“ zur Manipulation zeigen, sondern vor allem die praktische Anwendung in Bezug auf die “ärztlichen Hypothesen zur Symptomentstehung“, mit welcher die Resultate der mit Fragebögen erhobenen Daten nachträglich verneint werden.

Wir überspringen nun einige Seiten der Begleitstudie (Rest von Seite 12 bis Seite 14), weil bei der Begleitstudie die chronologische Reihenfolge von grosser Bedeutung ist: Zuerst kam die Datenerfassung mit Fragebögen und deren Auswertung, und dann wurden die Ergebnisse mit Hilfe der Fokusgruppe verneint. Nur durch die Analyse, was in der zeitlichen Reihenfolge geschah, wird sich uns erschliessen, was „wissenschaftliche Begleitung“ in Wirklichkeit bedeutete.


Der Strang 3 (zum allgemeinen Teil) ist hier abgeschlossen. Strang 4 (zu den Resultaten) beginnt hier viewtopic.php?t=36090 .

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