Vorab einfach mal ein Danke!
dass die Zeit-Schrift das Thema Elektrosmog überhaupt und dazu prominent auf der Titelseite aufgegriffen hat
dass die Frage, ob sich Mio. Menschen zu Recht fürchten zumindest in der Headline noch offen gelassen wurde
dass das Autorenteam offenbar einen vergammelten Wohnwagen im tiefen Schwarzwald aufsuchte, um mit einem Schwerbetroffenen zu sprechen und diesen auch zu Wort kommen liess.
Insgesamt bleibt vom Artikel leider ein schaler Nachgeschmack. Man tut sich offensichtlich schwer mit dem Thema und hat offenbar entschieden, dass sich derzeit mit den Konsequenzen einer Verharmlosung (noch) besser leben lässt. Immerhin kann der Artikel auch als Einladung verstanden werden, sich mit dem Thema vertiefter zu befassen. Es gibt doch einige Punkte, welche bereits Durchschnitts-Zeitlesende nachdenklich stimmen müssen.
Das Vorsorgeprinzip einzig mit der Studie von Herrn Wiedemann ins Abseits zu stellen, ist schlicht ein Witz. Bis zu 90 % der E-Smog-Belastung zu Hause und am Arbeitsplatz wären leicht reduzierbar ohne grosse Veränderungen der Lebensgewohnheiten (Ratgeber Gesundheitsrisiko Elektrosmog, Seite 9,
www.gesundheitstipp.ch). Die EMF-Leitlinie der Österreichischen Ärztekammer, ein Landesdachverband, böte einen hilfreichen Behandlungsansatz bei unspezifischen Stresserkrankungen. Dazu müsste sie der Bevölkerung und speziell den Grundversorgern aber auch im Detail zur Kenntnis gebracht werden. Gemäss Nationalrätin Gilli gibt es in der Schweiz bisher keine spezifische umweltmedizinische Weiterbildung. Diese Leitlinie wäre ein geeignetes Mittel, dies zu ändern.
Man soll bekanntlich nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und somit auch nicht gleich die ganze Drahtlostechnik das Klo runterspülen. Bei einigen Mitmenschen bekommt man schon bei der Äusserung eines kritischen Gedankens das Gefühl, man wolle ihnen nicht nur das Handy, sondern gleich die ganze Lebensfreude wegnehmen. Gäbe es eine sachliche Diskussionskultur, würde sich die Industrie wirklich bemühen, die Gesamtbelastung möglichst tief zu halten, wäre gegen eine sinnvolle und schonende Nutzung dieser Technik - die eine klare Bevölkerungsmehrheit nutzen will - nicht viel einzuwenden.
Frau Kunze und Herrn Rauner ist schliesslich auch zugute zu halten, dass sie eine wichtige Grundfrage der Demokratie aufwerfen:
Wie sehr darf die Mehrheit der Bevölkerung die Freiheit einer Minderheit beschneiden? Was ist, wenn Handys, mobiles Internet und Stromleitungen der Mehrheit das Leben bequemer machen, aber eine Minderheit leidet? Darf die Mehrheit dennoch im ganzen Land Mobilfunkantennen aufstellen?
Leserbriefe werden in der Zeit offenbar erst in der übernächsten Ausgabe veröffentlicht. Gespannt bin ich, ob in der Nr. 37 auch kritische Beiträge, insbesondere jener von Diagnose Funk publiziert werden, oder ob ein Dialog und weitere Beiträge verweigert werden. Findet keine weitere Diskussion statt, wäre die ganze Übung wirklich enttäuschend. Dann könnten die Verfassenden vielleicht weiterhin gut schlafen, aber sicher nicht mit gutem Gewissen.