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von A. Masson » 21. Mai 2007 18:21
„Strahlentouristen: Willkommen in der Gemeinde mit der ersten WiMax-Anlage“ – diese Werbung habe ich zwar nirgends gesehen. Aber die neue Sendetechnik interessiert; ich bin deshalb nach Boltigen gepilgert mit einem Hameg Spektrum Analyzer (bis 3.3 GHz). Diese Obergrenze schliesst WiMax aus, jedoch beziehen sich die 3.3 GHz auf das Zentrum der Darstellung; es gibt noch eine halbe Span-Breite nach oben – deshalb liegen die WiMax-Frequenzen noch knapp drin, die in der Schweiz mit 3.41 – 3.60 GHz angegeben werden.
Ergebnisse:
Die Antennen beim Hauptsender sehen ähnlich aus wie Mobilfunkantennen, sind aber sehr schmal und eher noch länger, was auf eine noch stärkere vertikale Bündelung schliessen lässt. Die Kabel kommen nicht von unten her, sondern führen von hinten in die Antenne.
In Boltigen wird in zwei Sektoren gesendet, talabwärts und talaufwärts. Sie strahlen je unterschiedliche Frequenzen ab, wie Messungen an unterschiedlichen Orten recht klar gezeigt haben: 3414-3422 MHz talabwärts, und 3516-3524 MHz talaufwärts. Dass diese beiden Bereiche je den Uplink und Downlink darstellen, kann auf Grund der Intensitätsverhältnisse in verschiedenen Richtungen ausgeschlossen werden. Der Uplink erfolgt wahrscheinlich im selben Frequenzbereich wie der Downlink (ganz am Ende habe ich bei zu knapper Zeit direkt vor zwei Häusern mit WiMax-Empfängern gemessen und bei ganz unbekanntem Betriebszustand und Datenverkehr seltene Peaks im Bereich 3418-20 erhalten). Alles Folgende bezieht sich auf die grosse Sendeantenne ausserhalb des Dorfes.
Die Breite dieser abgestrahlten Frequenzbänder ist mit ca. 8 MHz (keine genauere Angabe möglich, da ich nicht dehnen konnte) etwas grösser als bei UMTS (5 MHz), aber der gesamte zur Verfügung stehende Frequenzbereich bei WiMAX ist mit 200 MHz deutlich grösser als bei UMTS (60 MHz). Innerhalb des Frequenzbandes von 8 MHz scheinen die Sendefrequenzen regelmässig herumzutanzen, wie ich aus offensichtlichen Schwebungseffekten schliesse. Das ist ganz anders als bei UMTS, wo jederzeit das ganze Frequenzband gesendet wird. Hat der Spektrumanalyzer einen eigenen Abtastrhythmus, und der Sender einen anderen Senderhythmus, so sind allerlei Dreckeffekte möglich, die nicht zum Nennwert genommen werden dürfen. Man stelle sich das so vor: Immer wenn das Empfangsgerät an einer bestimmten Frequenz etwas sucht, sendet der Sender gerade daneben, der Empfänger sieht also gar nichts – und vielleicht jedes neunzehnte Mal „trifft“ der Empfänger endlich den Sender, das Signal wird sichtbar. So ergab sich etwa ein wunderschönes, regelmässiges „Wandern“ der scheinbaren (!) Sendefrequenz vom oberen Ende des Frequenzbereiches zum unteren, vielleicht zweimal in der Sekunde. Das sind nicht die echten Verhältnisse!
Ähnliche Schwebungen habe ich schon gesehen bei der Breitband-Messung eines DECT, ein scheinbares, regelmässiges, langsames Pulsieren der Sendeleistung. Je besser der Abtastrhythmus des Messgerätes zufälligerweise mit dem Senderhythmus (oder je ein Vielfaches davon) übereinstimmen, desto langsamer erfolgt die Schwebung. Da ich beim WiMax die Frequenz nicht mehr ins Zentrum der Anzeige brachte, konnte ich keinen ZeroSpan-Durchgang machen, um das zeitliche Verhalten genauer zu studieren; es müsste jemand mit einem 6 GHz-Gerät hingehen.
Ist die WiMax-Strahlung „gepulst“ ? Bei „MaxHold“, wenn das Maximum jedes Durchganges festgehalten wird, ergab sich ein schönes Signal – das bei „Average“, also bei der zeitlichen Mittelwertbildung völlig zusammengeschmolzen ist! Das braucht nicht zu heissen, dass es Sendepausen gibt; es kann heissen, dass die Frequenz herumtanzt – bei jeder einzelnen Frequenz dauert es eine Weile, bis sie wieder drankommt.
Die beiden getrennten Frequenzbereiche (Nord und Süd) liessen sich die ganze Zeit ruhig studieren. Plötzlich wurde ich Zeuge des Überganges in einen ausserordentlichen Zustand, wo der Sender im Südsektor völlig ins Durcheinander kam: Statt 8 MHz deckte er plötzlich viel grössere Bereiche ab, nämlich von der Unterkante Normalbereich bis weit über den erlaubten Bereich hinaus, bis zu 3800 MHz (wo bei meinem Gerät endgültig Schluss ist) oder auch darüber hinaus. Wieder ergaben sich die typischen Schwebungseffekte, mit regelmässigen (scheinbaren!) Abständen und Lücken im Spektrum, wo stark resp. schwach gesendet wurde. Im Betrieb MaxHold füllten sich die Lücken im Spektrum nach und nach auf, bis zwischen 3516 und 3800 MHz alles gleich stark aussah – einigermassen gleich stark wie im „Normalbetrieb“ zuvor am selben Standort. Gerade dank der deutlich sichtbaren Schwebungen im ganzen Sendebereich braucht man daraus nicht zu schliessen, dass der Sender das alles miteinander sendete, d.h. seine Sendeleistung massiv erhöhte.
Ob das ein spezieller Suchmodus war, eine besondere Datenübertragung, zusätzliche Frequenzen für zusätzliche (Test-)Benutzer, oder ein simples Computerchaos ? Dass das Chaos bei meinem Empfangsgerät anzusiedeln ist, glaube ich nicht, denn erstens liess sich das Gerät ganz normal bedienen, alles war schön reproduzierbar bei den verschiedensten Einstellungen, und zweitens müsste es wirklich seltsam zugehen, dass ein Chaos bei meinem Empfänger erstens frequenzmässig ausgerechnet bei 3516 MHz beginnt, also beim Beginn der normalen Sendefrequenz, und dass zweitens die Intensität der gemessenen Frequenzen genau „normal“ für diesen Standort war, d.h. alle Frequenzen wurden gleich stark gesendet wie wenige Minuten vorher im normalen Betriebszustand. Entdeckt wurde dieser abnormale Sendezustand in der Haarnadelkurve, 200 m SW der Antenne, am Samstag 19.5., wahrscheinlich kurz vor 10h (?). Die Frequenz des Nordsektors war kaum sichtbar an dieser Stelle. – Als ich genügend gesehen hatte, verschob ich mich höher hinauf in den Nordsektor – und alles war wieder normal, auch der Südsektor sendete nur in seiner normalen Breite von 8 MHz. Kein zweites Mal wurde dieser ausserordentliche Sendezustand angetroffen.
Intensität der Strahlung: Da ich ungeeicht messe und keine Ahnung habe über die Empfindlichkeit meiner Stummelantenne, kann ich nichts aussagen zur Intensität. Im Dorf unten macht es einen recht schwachen Eindruck. Bei der Kirche (besser im Azimut und ev. besser in der Elevation) war die Strahlung etwas stärker als am Bahnhof, wo alles wirklich schwach aussah (0.5 km von der Antenne, ev. deutlich unterhalb der Hauptkeule).
Tonsignal: hatte ich keines bei dieser Frequenz.
A. Masson