Studienkritik für jedermann

Wuff

Studienkritik für jedermann

Beitrag von Wuff » 18. Mai 2013 19:24

Studienkritik für jedermann - Einleitung


Ich möchte hier in einer losen Folge von Beiträgen zeigen, wie grundsätzlich jedermann wissenschafliche Studien kritisch lesen und selbständig auf ihren wissenschaftlichen Wert beurteilen kann.

Diese Tätigkeit nenne ich bewusst "Studienkritik" und nicht "Wissenschaftskritik", denn es geht mir nicht darum, den heutigen Wissenschaftsbetrieb als solchen generell zu kritisieren oder gar Sinn und Zweck von Wissenschaft überhaupt, sondern es ist im Gegenteil mein Hobby, von wirklicher Wissenschaftlichkeit abweichendes Verhalten zu finden und aufzuzeigen. Da es Millionen von Wissenschaftlern gibt, die in immer zahlreicheren Wissenschaften und Wissenschaftszweigen Studien publizieren, habe ich mich auf den interdisziplinären Wissenschaftszweig "Bioelectromagnetics" bzw. auf die Erforschung athermischer biologischer Effekte von elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern (EMF) konzentriert. Dazu, was unter Wissenschaft verstanden wird, gibt es hier einen Überblick: http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaft .

Ich werde voraussichtlich die folgenden Voraussetzungen für erfolgreiche Studienkritik und für deren Förderung behandeln:
  • Richtiges Denken: Denkgesetze und Beweisregeln
  • Richtiges Vorwissen: Gesicherte Erkenntnisse von Dogmen und Vorurteilen unterscheiden können
  • "Gesetze" der Wissenschaft: Die Regeln, nach denen aus Hypothesen gesichertes Vorwissen wird
  • Richtige Einstellung: Die ganz bestimmte Motivation, mit der Fehler in Studien gefunden werden
Vieles dazu habe ich schon verstreut in diesem Forum und anderswo geschrieben, aber noch nie wirklich systematisch. Mein Vorteil dabei ist, dass ich für die Darstellung der Praxis auf mehrere bereits erstellte Studienkritiken verweisen kann.

Meine Motivation für diese Beitragsserie?

Im interdisziplinären Wissenschaftszweig "Bioelectromagnetics" habe ich etliche Studien gefunden, die als Junk Science oder Pseudowissenschaft bezeichnet werden können, oder bestenfalls noch als missraten und fehlerhaft. Jährlich kommen mindestens tausend Bioelectromagnetics Studien dazu, und zwar einer ausserwissenschaftlichen Strategie gehorchend. Darum soll jedermann ermutigt werden, Schrott als Schrott, Fehler als Fehler und Desinformation als Desinformation zu erkennen.




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Wuff

[b]Richtiges Denken (1a): Logik als Denkgesetze[/b]

Beitrag von Wuff » 19. Mai 2013 18:36

Richtiges Denken (1a): Logik als Denkgesetze

Vereinfacht ausgedrückt ist die Logik die Wissenschaft der Denkgesetze, analog wie ebenso vereinfacht die Mathematik die Wissenschaft vom richtigen Umgang mit Zahlen ist.

Hier geht es um das richtige Schliessen oder Schlussfolgern, konkret um Aussagenlogik und Prädikatenlogik. Die Aussagenlogik ( http://www.cl.uni-heidelberg.de/courses ... /Logik.pdf und http://de.wikipedia.org/wiki/Aussagenlogik ) befasst sich mit den Wahrheitswerten von Aussagen, und die Prädikatenlogik (ab Seite 6 von http://www.cl.uni-heidelberg.de/courses ... /Logik.pdf und http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4dikatenlogik ) mit dem eigentliche Schliessen. Die verlinkten Seiten vermitteln einen mathematisierten Eindruck von der Logik. Genauso wie man in den alltäglichen Rechenaufgaben auch ohne Gleichungen mit mehreren Unbekannten und ohne Integrale zurechtkommt, kann man auch auch ohne Anwendung formaler Quantorenrechnung logisch richtig denken.

Einige eingeborene Völker kennen an Zahlenbegriffen nur „eins“, „zwei“, „drei“ und „viele“, was für deren Alltag reicht. In der Logik ähnlich primitiv ist die Denkfigur „auf die Aktion ‚x‘ folgt die Reaktion ‚y‘“, die auch Hunde verstehen. Um richtig denken zu können, braucht man nicht die die formalisierte Logik zu beherrschen, aber es ist nützlich zu verstehen, dass Alltagsaussagen zuerst analysiert bzw. vorbearbeitet werden müssen, um mit ihnen logisch sicher richtige Schlussfolgerungen zu ziehen. In der Algebra gibt es Formeln, in die man Zahlen einsetzen kann. Wenn die eingesetzten Zahlen falsch oder nur ungefähr sind, dann ist das Ergebnis unbrauchbar. Für logisch richtige Aussagen ist analog die erste Grundvoraussetzung, dass Begriffe sauber definiert sind.

Nehmen wir als erstes Anwendungsbeispiel das Wort „Elektrosensibilität“ oder in Englisch "Electromagnetic Hypersensititivity (EHS)". Diesen Begriff kann man unterschiedlich verstehen, bzw. es gibt dazu sehr unterschiedliche Begriffsdefinitionen, und folglich ist je nachdem, wie dieser Begriff verstanden wird, die Bedeutung und der Wahrheitsgrad eines Satzes, in welchem dieser Begriff verwendet wird, ganz unterschiedlich.

Viele Menschen benutzen den Begriff „Elektrosensibilität“ gleichwertig mit „EMF-Syndrom“, wobei auch dieses unterschiedlich definiert wird ( http://www.mobilfunk-erlenbach.ch/cms/files/501.pdf oder http://www.diagnose-funk.org/assets/oea ... nie_de.pdf ). Die sozusagen offizielle Definition hat Repacholi in seinem WHO-„Fact“-Sheet 296 geprägt, nämlich „ Governments should provide […] information […] The information should include a clear statement that no scientific basis currently exists for a connection between EHS and exposure to EMF.” ( http://www.who.int/peh-emf/publications ... index.html ), bzw. “ Regierungen sollten [...]Informationen [...] zur Verfügung stellen. Diese Informationen sollten die klare Aussage enthalten, dass es derzeit keine wissenschaftlichen Belege für die Annahme eines Zusammenhangs zwischen EHS und der Einwirkung von EMF gibt.“ http://www.who.int/peh-emf/publications ... german.pdf ).

Es ist klar, dass Aussagen, die den Begriff „Elektrosensibilität“ enthalten, zu gänzlich unterschiedlichen Folgerungen führen müssen, je nachdem, ob der mit dem Begriff "Elektrosensibilität" die die Bejahung oder die Verneinung des Zusammenhangs zwischen EMF und Symptomen verbunden wird.

Der Satz "'Elektosensibilität' ist ein Syndrom mit Krankheitswert" bedeutet im ersten Fall, nämlich wenn "Elektrosensiibilität" den Zusammenhang im Sinne des EMF-Syndroms bejaht, eine durch Strahlung verursachte Symptomatik. Derselbe Satz "'Elektosensibilität' ist ein Syndrom mit Krankheitswert" bedeutet dann, wenn durch der Begriff nach Repacholi bzw. seinem WHO-"Fact"-Sheet 296 einen Zusammenhang zwischen EMF und Symptomen verneint wird, dass die Ursache der Symptome rein psychisch oder psychosozial und nicht physikalisch ist.

Wenn die Prämissen bzw. Voraussetzungen trotz Wortgleichheit untereschiedlich sind, dann sind auch die Schlussfolgerungen unterschiedlich.

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Wuff

Richtiges Denken (1b): Logik als Denkgesetze

Beitrag von Wuff » 21. Mai 2013 07:49

Richtiges Denken (1b): Logik als Denkgesetze

So wenig wie dem Menschen Rechnen und Mathematik in die Wiege gelegt wird, so wenig sind es logische Kalküle. Leider wird in den Schulen Logik kaum als Fach gelehrt. Für das Selbststudium sind Logik-Lehrbücher viel zu abstrakt, als dass sie für andere Kreise als für die Spezialisten geeignet oder gar spannend wären. Ich habe einmal mit "Grundzüge der Logik" von Willard v.O. Quine (ISBN 3-51807665-5) begonnen. Das Taschenbuch hat mir gezeigt, worum es in der Logik überhaupt geht, es war aber zu abstrakt, bzw. zu losgelöst vom täglichen Leben, um es interessiert bis zum Ende zu lesen.

Interessanter war da schon "Logik für Juristen" von Egon Schneider (ISBN 3-8006-1931-8 ). Hier wird sehr vieles über Logik gelehrt, und zwar anhand von Beispielen und zur praktischen Anwendung. Auch Nichtjuristen wie ich können daraus sehr viel lernen. Für das praktische Leben ebenso wichtig wie die Lehre vom richtigen Denken sind die möglichen unbeabsichtigten Denkfehler, auf die Schneider aufmerksam macht. Das Wissen um unbeabsichtigte Denkfehler ist speziell auch wichtig für die kritische Lektüre wissenschaftlicher Studien, vielleicht sogar noch wichtiger ist das Erkennen von beabsichtigten Denkfallen, - doch dazu Näheres demnächst.

Wuff

Richtiges Denken durch Vermeiden von Denkfehlern

Beitrag von Wuff » 21. Mai 2013 19:33

RRichtiges Denken durch Vermeiden von Denkfehlern (1c)

Wenn die als Logik bezeichneten Denkgesetze pur angewandt werden, nämlich als Transformation von Formeln mit Leerstellen, dann ist das so wenig fehlerträchtig wie es irrelevant für das tägliche Leben ist, wozu wir auch Wissenschaft und Studienkritik zählen können. Der Weg zum richtigen Denken ist einfacher und schneller, indem Denkfehler vermieden werden, als wenn immer alle Aussagen in logische Kalküle gekleidet und dann wieder in menschliche Sprache zurückverwandelt werden. Warum ist das so? Es erscheint zwar paradox, der Grund dafür ist aber, weil es nur relativ wenige und eher einfache Regeln zum Schlussfolgern gibt, man sich aber beim Schliessen vor fast unzähligen Denkfallen und möglichen Denkfehlern hüten muss.

Es ist zwar notwendig, sich mit Schlussregeln auseinanderzusetzen, wenn man jedoch Fehler in Studien sucht, ist es hilfreicher, ein grosses Repertoire an möglichen Denkfehlern und –fallen präsent zu haben. Für den Studienkritiker führt es schneller zum Ziel, wenn Denkfehler und falsche Denkmuster gesucht werden, als alle Aussagen in der Studie selbständig nochmals von Anfang an nach den Denkgesetzen zusammenzufügen.

Es gibt eine Reihe von Sammlungen zu Denkfehlern und –fallen, von denen einige genannt seien:

Das ist einmal die eristische Dialektik des deutschen Philosophen Arthur Schopenhauer mit ihren 38 Kunstgriffen ( http://de.wikipedia.org/wiki/Eristische_Dialektik ). Schopenhauer zeigt auf, wie man die Logik im Diskurs mit anderen Menschen zu seinen eigenen Gunsten durch Tricks und Kniffe aushebeln kann. Schopenhauer hat das nicht Anleitung geschrieben, um andere zu täuschen, sondern als Warnung, Aussagen Dritter auf oft genug ganz bewusst gestellte Denkfallen zu untersuchen. Den vorläufig letzten Trick Nummer 39 habe ich hier viewtopic.php?p=61332#61332 beschrieben.

Der Richter und Rechtslehrer Egon Schneider hat in "Logik für Juristen" (ISBN 3-8006-1931-8 ) und in „Beweis und Beweiswürdigung“ (ISBN 3-8006-1810-9) von Möglichkeiten, zwar zunächst einleuchtend aber dennoch falsch zu schliessen , aufgezeigt.

Der Rolf Dobelli hat in „Die Kunst des klaren Denkens“ (ISBN 978-3446-42682-5) und in „Die Kunst des klugen Handelns“ (ISBN 978-3-446-43205-5) je 52 Denkfallen beschrieben. Die Bestseller lesen sich unterhaltsam, und sind jedem, der richtig denken will, zu empfehlen.

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Die Rhetorik als Lehre der Redekunst ( https://de.wikipedia.org/wiki/Rhetorik ) hat zwei Seiten. Einerseits lehrt sie uns im besten Sinne des Wortes zu überzeugen, andererseits kann durch sie manipuliert, getäuscht und unterdrückt werden werden ( https://de.wikipedia.org/wiki/Rhetorik# ... er_Neuzeit ). Es ist nützlich, Rhetorik im Sinne von einleuchtenden Redensarten und Scheinargumenten von Logik unterscheiden zu können.

Scharfes Denken ist heute so wichtig und gefährlich wie im Mittelalter ein scharfes Schwert war.

Wuff

Logik und Mathematik

Beitrag von Wuff » 26. Mai 2013 19:40

Logik und Mathematik

Wuff hat geschrieben: Scharfes Denken ist heute so wichtig und gefährlich wie im Mittelalter ein scharfes Schwert war.
Noch soviel Wissen nützt nichts, wenn die (als gesichert erkannten) Wissenselemente nicht sachgerecht und logisch richtig miteinander verknüpft werden. Auf die Wissenselemente kommen wir bald unter „2. Richtiges Vorwissen des Studienkritikers“ zurück.

Für logische Verknüpfungen verwenden wir in unserem Alltag die deutsche Sprache. Diese Sprache ist wie alle anderen menschlichen Sprachen im Gegensatz zum logischen Kalkül ein unpräzises und nur allzu oft ein mehrdeutiges Instrument. Viele Denkfallen beruhen auf dieser Unschärfe und Mehrdeutigkeit der Sprache, siehe Rhetorik und andere Denkfallen viewtopic.php?p=65510#65510 .

Mit der Logik am Nächsten verwandt ist die Mathematik. Der durchschnittliche Nichtnaturwissenschaftler beherrscht die Mathematik nicht in einem Ausmass, dass er beispielsweise sämtliche Differenziale und Integrale auf Fehlerfreiheit kontrollieren könnte. Das ist auch nicht nötig, weil das in grossen Universitäten normalerweise von universitätsinternen Diensten erledigt wird.

Aber wie konnte ich als Aussenstehender dennoch auf den Fehler in der Energierechnung zu den „Energie“-Sparlampen bei der EU kommen? (ab hier: viewtopic.php?t=2840&start=315&sid=1211 ). Am Beginn dieser Kritik war die sehr kritische Einstellung (worauf ich später unter „4. Richtige Einstellung des Studienkritikers“ zurückkommen werde).

Aus der auch sprachkritischen Einstellung, welche den Begriff „Energiesparen“ hinterfragte, kam ich darauf, dass diese Lampen zwar gewiss etwas sparen, dass sie aber grundsätzlich nur dem „Stromsparen“ ab der Steckdose dienen. Beim reinen Stromsparen bleibt unberücksichtigt, welche energetischen Vorgänge überhaupt in den Systemen „‚ Energie‘-Sparlampe“ und „Glühlampe“ vorkommen, deren Energieeffizienz verglichen werden sollte. Eine weitere kritische Frage stellte sich aus einer übergeordneten Systembetrachtung: Welchen Nutzen soll dieses „Energiesparen“ überhaupt stiften? Energie ist doch nichts Böses! Was war denn überhaupt der (vorgegebene) Zweck der „Energie“-Sparlampen? Dieser war doch, im Interesse des Klimaschutzes CO2 zu sparen, und nicht etwa Haushaltungsgeld, das durch die Stromrechnung aufgebraucht wird! Diese sozusagen systemtheoretische Analyse (worauf wir voraussichtlich im nächsten Beitrag zurückkommen werden) brachte mich auf den an sich banalen Gedanken, dass nicht nur die Lichtenergie Nutzen stiftet, sondern dass auch die Wärmeenergie Nutzen stiften kann, sowie dass es auch noch die Schadwirkung der elektromagnetischen Strahlung der Vorschaltgeräte der „Energie“-Sparlampen gab.

Die EU-Beamten, welche mit dem Vergleich der Glühlampen mit den „Energie“-Sparlampen betraut waren, haben zwar im Prinzip erkannt, dass auch der Heizeffekt in der Vergleichsrechnung eine Rolle spielen sollte, und sie liessen sogar Excel-Tabellen entwerfen, in denen dieser Heiznutzen vorgesehen war.

Meine einfache Kontrolle der ausgefüllten Excel-Tabellen auf Plausibilität und Vollständigkeit ergab, dass die Position „Heiznutzen“ in der Tabelle überhaupt nicht ausgefüllt war! Auf diesen Fehler stiess ich von einer Überschlagsrechnung zur Summe der in Licht und der in Wärme umgewandelten elektrischen Energie.

Das war nun aber nicht hohe Mathematik, sondern einfache Arithmetik. Das zeigt uns, dass wir auch durch einfache Überschlagsrechnungen und Plausibilitätsbetrachtungen, die jedermann anstellen kann, auf kapitale Fehler in Studien und Expertisen kommen können.

Über die Gründe dafür, dass nun diese an sich richtige Tabelle nicht richtig ausgefüllt wurde, kann ein Aussenstehender bloss spekulieren, denn es fehlt uns hierzu das richtige Vorwissen (auf dieses Thema kommen wir unter "2. Das richtige Vorwissen des Studienkritikers" zurück):
  • Stand der Entscheid für die „Energie“-Sparlampen bereits im Voraus fest? Hat die entsprechende Industrielobby diesen der EU etwa vorgegeben?
  • Waren die Beamten faul, und gehorchten sie damit bloss dem Vorurteil, das aus den Beamtenwitzen bekannt ist?
  • War es Missgeschick oder Zeitdruck?
Medizin und Biologie haben vieles gemeinsam: Sie sind nicht exakte Wissenschaften mit ausschliesslich eindeutig und vollständig erkannten Kausalitäten, sondern die Zusammenhänge erschliessen sich über statistische Korrelationen. Für den Studienkritiker ist es daher sehr nützlich zu wissen, was die Statistik als Teilgebiet der Mathematik leisten kann, und unter welchen Voraussetzungen, sowie wo ihre Grenzen sind. Das bedingt allerdings eine gewisse Auseinandersetzung mit dem Thema, wozu ich beispielsweise gerne „Basiswissen Medizinische Statistik“ von Christel Weiss beiziehe (ISBN 3-8006-1931-8 ).



(Dieses ist teilweise Eigenzitat aus viewtopic.php?p=61466#61466 )

Wuff

Richtiges Denken - Systemtheorie und Kybernetik

Beitrag von Wuff » 1. Juni 2013 13:41

Richtiges Denken - Systemtheorie und Kybernetik

Die angewandte Logik ist die brutalste und brachialste Methode der Studienkritik. Sie klappert Beweisketten auf schwache Glieder wie Dogmen oder auf falsche Verknüpfungen wie Zirkelschlüsse ab, und stellt Scheinbeweise schonungslos als solche bloss. Scheinbeweise finden sich in Studien von Fox, Kaul, Lerchl, Röösli, Rubin etc., und als Destillat in Repacholis berüchtigtem WHO-"Fact"-Sheet 296.

Um die Verknüpfungen beispielsweise in Biologie und Medizin zu erkennen, sind Systemtheorie und Kybernetik die Werkzeuge erster Wahl. Einführungen gibt es in Wikipedia. Da Systemtheorie und Kybernetik wertneutral wie Mathematik und Logik sind, ist dieser Teil von Wikipedia nicht mit Desinformation verschmutzt und verseucht wie etwa die Seite zu Elektrosmog. Bücher zu Systemtheorie und Kybernetik las ich vor vielen Jahren, - vielleicht kennt jemand gute, leicht lesbare und moderne Lehrbücher.

http://de.wikipedia.org/wiki/Systemtheorie

http://de.wikipedia.org/wiki/Kybernetik

http://de.wikipedia.org/wiki/Biologische_Kybernetik

http://de.wikipedia.org/wiki/Medizinische_Kybernetik

Ein hervorragendes Beispiel für Kritikergebnisse durch angewandte Systemtheorie ist die Kritik an der Studie mit der Amputation der Steuerungselementen vom Melatoninsystem. Wir werden darauf zurückkommen.

Gast (ohne Namen)

Scheinwissenschaftlichkeit

Beitrag von Gast (ohne Namen) » 1. Juni 2013 14:05

Eine fundierte, kritische Darstellung scheinwissenschaftlich begründeter Vorgehensweisen in Wissenschaftskreisen und Politik sowie Erscheinungen in Gesellschaft und Medien gibt Felix Hasler in seinem Buch "Neuromythologie". Es erscheint deshalb auch gerade hier einen Hinweis wert (@ Admin: bitte dieses Posting durchlassen!), weil seine entlarvenden Offenlegungen der Neuroscan-Hype geeignete sind, eine Grundlage für die fachliche Kritik und Zurückweisung scheinbar wissenschaftlicher Belege für eine Berechtigung der Psychiatrisierung von Elektrossmoggeschädigten zu schaffen.

Wuff

Re: Scheinwissenschaftlichkeit

Beitrag von Wuff » 1. Juni 2013 17:39

Gast hat geschrieben:Eine fundierte, kritische Darstellung scheinwissenschaftlich begründeter Vorgehensweisen in Wissenschaftskreisen und Politik sowie Erscheinungen in Gesellschaft und Medien gibt Felix Hasler in seinem Buch "Neuromythologie".
Danke für diesen Literaturhinweis.

Eine Ausgeburt dieses Hypes wurde im IZ"gegen"MF vor der dortigen Säuberungsaktion kritisiert, nämlich die Regensburger Studie von Frick im Rahmen des DMF. Die anderen als die verlinkten Beiträge waren grossenteils Trollerei; schlussendlich wurde die Diskussion der Studie durch Zensurakt abgewürgt. Es mag doppelt ärgerlich erscheinen, dass so viele Links auf das Münchener Desinfo-Center gesetzt sind, ärgerlich für die einen, dass dieses Center Aufmerksamkeit erhält, ärgerlich für das Center, dass seine heutige Dogmatik auf den eigenen Seiten so gründlich zerlegt wird.

http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=31224
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=31220
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=31238
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=31526
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=31668
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=31796
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=32047
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=32076
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=32077
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=32104
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=32100
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=32124
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=32175
http://www.izgmf.de/scripts/forum/index.php?id=32213

Gast (ohne Namen)

Re: Scheinwissenschaftlichkeit

Beitrag von Gast (ohne Namen) » 1. Juni 2013 19:14

Wuff hat geschrieben: Es mag doppelt ärgerlich erscheinen, dass so viele Links auf das Münchener Desinfo-Center gesetzt sind,
Alternative:
Sie könnten Ihre Eintraäge von dort hier einkopieren (und wenn unbedingt nötig, was ich bezweifle, als Kopien von dort kennzeichnen). Letztlich kommt es auf den sachlichen Gehalt an, auf den Sie sich mit Ihren Selbstzitaten beziehen möchten. Man darf in Foren ungekennzeichnet wiederholen, was man anderswo schon geschrieben hatte. Die Auffassung von Selbstplagiat ist in diesem Zusammenhang absurd.

Wuff

Re: Scheinwissenschaftlichkeit

Beitrag von Wuff » 2. Juni 2013 17:26

Gast (ohne Namen) hat geschrieben: Alternative:
Sie könnten Ihre Einträge von dort hier einkopieren (und wenn unbedingt nötig, was ich bezweifle, als Kopien von dort kennzeichnen). [...]
Eine konstruktive Idee.

Ein Vorteil wäre, dass ein zusammenhängender Text mit folgerichtigem Aufbau entstünde. Ein weiterer Vorteil wäre, dass bei überrraschender Stilllegung des Desinfo-Blogs nicht lauter tote Links übrigblieben. (Das Forum von RDW wurde auch nach Beharren auf krassem Nazijargon plötzlich definitiv geschlossen, meiner Meinung nach keineswegs so zufällig, wie RDW glauben machen will.)

Ein Nachteil wäre, dass dann die Einwände und ihre Entkräftung verloren gingen. Ein weiterer Nachteil wäre, dass der zusammenhängende Text recht lang würde.

Süddeutscher

Re: Scheinwissenschaftlichkeit

Beitrag von Süddeutscher » 2. Juni 2013 18:17

Wuff hat geschrieben:
Gast (ohne Namen) hat geschrieben: Alternative:
Sie könnten Ihre Einträge von dort hier einkopieren (und wenn unbedingt nötig, was ich bezweifle, als Kopien von dort kennzeichnen). [...]
Eine konstruktive Idee.
Ich finde auch das ist eine gute Idee. Herr Jakob bitte geben Sie dazu grünes Licht!!!

Nordlicht

Re: Scheinwissenschaftlichkeit

Beitrag von Nordlicht » 2. Juni 2013 21:34

Süddeutscher hat geschrieben:Herr Jakob bitte geben Sie dazu grünes Licht!!!
Warum sollte Herr Jakob für simple Eigenzitate extra "grünes Licht" geben müssen?

Nordlicht

Wuff

Richtiges Denken - Systemtheorie und Kybernetik (2)

Beitrag von Wuff » 3. Juni 2013 20:14

Richtiges Denken - Systemtheorie und Kybernetik (2)

Die Systemtheorie ist im Grunde einfach: Es gilt, Elemente, Subsysteme, System und Umwelt unterscheiden und abgrenzen zu können, die kybernetischen Prinzipien von Steuerung und Regelung zu kennen, und das Konzept der Blackbox zu kennen, - es reicht also wenig.

Anwendungsbeispiel:

Wie kam ich auf die groben Fehler von Lerchls Studie mit den isolierten Melationdrüsen von Hamstern?

Wenn wir den tierischen oder menschlichen Organismus als System betrachten, dann setzt er sich aus Subsystemen zusammen. Eines dieser Subsysteme ist das gesamte Hormonsystem, in welchem mehrere Hundert unterschiedliche Botenstoffe den Organismus steuern. Hiervon wiederum ein Subsystem ist das Melatoninsystem. Dieses wurde von Lerchl selbst einmal in einer Lehrsschrift umschrieben, Zitat: „Aus diesem Ergebnis folgt die wichtige Erkenntnis, dass das Melatonin-generierende System offenbar ein Gedächtnis“ hat, [...]“ , http://www.fgf.de/publikationen/edition ... t_Nr16.pdf .

Das Melatoninsystem besteht – sehr vereinfacht dargestellt - aus den Elementen Hormondrüse, Produktionssteuerung und Sensor. Das erste Element, die Melatonin-Hormondrüse, auch Pinealorgan oder Zirbeldrüse genannt, befindet sich mitten im Kopf, und ist durch mehrere Zentimeter wässerige und fettige Hirnsubstanz sowie durch den Schädelknochen nach aussen gut vor EMF geschützt. Das zweite Element, der Sensor, welcher Helligkeit bzw. Dunkelheit zu Händen der Steuerung feststellt, ist bei den Augen gelegen. Das dritte Element, die Steuerung, geschieht durch Teile des Gehirns. Natürlich gibt es auch noch Elemente für die Signalübermittlung.

Die Frage, ob EMF den Melatoninausstoss beeinflussen, ist gleichzeitig die Frage, welches oder welche Elemente des Melatoninsystems durch EMF gestört werden, bzw. die experimentell zu untersuchende Hypothese ist, dass mindestens ein Element durch EMF so gestört wird, dass der Melatoninausstoss dadurch verändert wird.

Bei der systemtheoretisch inspirierten Betrachtung der Frage bzw. Hypothese fiel uns auf, dass Lerchl die Hormondrüsen ohne die Steuerungselemente und ohne den Sensor aus den Tieren herausgeschnitten hat, und allein diese H rmondrüsen auf EMF-Einfluss untersucht hat. Pikant ist, dass die Melatonin-Hormondrüse beim Menschen gut vor EMF geschirmt im Zentrum des Schädels liegt, also für die Melatoninhypothese so gut wir irrelevant ist.

(Ausführlich http://www.izgmf.de/Aktionen/Meldungen/ ... hn_vi.html )

Wuff

Richtiges Denken - Denkgesetze und Beweisregeln (i)

Beitrag von Wuff » 10. Juni 2013 19:03

Richtiges Denken - Denkgesetze und Beweisregeln (1)

Wann gilt etwas als bewiesen, mithin als wahr? Je nach den besonderen Verhältnissen in einem Fachgebiet unterscheiden sich die Beweisregeln:
  • Ganz allgemein im Recht: Die „Gesellschaft“ hat sich irgendwie darauf geeinigt, dass im Rechtsstaat das als wahr gilt, was das Gericht nach Anwendung der gesetzlichen Beweisregeln, die in den Straf- bzw. Zivilprozessordnungen festgehalten sind, als wahr erklärt hat. Solche Wahrheiten können sich nachträglich als Rechtsirrtümer erweisen.
  • Strafrecht: Für einen Schuldspruch muss jeder vernünftige Zweifel ausgeräumt sein, es gilt hier also „in dubio pro reo“, im Zweifel für den Angeklagten.
  • Zivilrecht: Die Richter dürfen nur über ausdrückliche Anträge der Parteien entscheiden, und in der Regel gilt „Quod non est in actis, non est in mundo“, was nicht in den Akten liegt, existiert für das Gericht nicht. Über die Verhältnisse in der realen Welt - neben den Akten und ausserhalb des Gerichtssaals - orientieren sich die Richter an Aussagen von Experten, die sie beauftragen zu interpretieren, was die Wissenschaft sagt.
  • “Exakte“ Naturwissenschaften wie Physik: Hier gibt es ununterbrochene strenge Kausalketten.
    Die Künstler Fischli und Weiss haben im Film „Der Lauf der Dinge“ (kurzer Auszug http://www.youtube.com/watch?v=RTobV-Gnv-8 ) in der Tradition des Dadaismus eine lange Kausalkette nicht nachgewiesen sondern arrangiert.
  • Biologie, Medizin: Diese zählen zwar auch zu den Naturwissenschaften, aber die Systeme sind komplex und stochastisch. Vieles ist da nur mit Statistik erfassbar. Es können oft nur signifikante Korrelationen, aber nicht Kausalitäten nachgewiesen werden.
  • Extrem komplexe Systeme mit stochastischen Prozessen: Es können zwar Pegel numerisch gemessen werden (zu Klima-Effekten etwa Hochwasserpegel, zu EMF-Effekten Stresshormonpegel), die Verbindung mit der vermuteten Ursache (CO2, EMF) ist aber nicht eindeutig.
(wird speziell für Bioelectromagnetics fortgesetzt)

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