Leitlinie zur Abklärung&Therapie EMF-bezogener Beschwerd

A.Z.

Leitlinie zur Abklärung&Therapie EMF-bezogener Beschwerd

Beitrag von A.Z. » 30. März 2012 03:38

Österreichische Ärztekammer gibt Leitlinie zur Abklärung und Therapie EMF-bezogener Beschwerden sowie Krankheiten heraus.
Die Österreichische Ärztekammer hat endlich eine Leitlinie der zur Abklärung und Therapie EMF-bezogener Beschwerden und Krankheiten (EMF- Syndrom) veröffentlicht! Es ist bedauerlich, dass die Deutsche Ärztekammer sich bis jetzt nicht zu einen solchen Schritt entschließen kann.
http://www.elektrosmognews.de/news/20120329_150029.html

Wuff

Re: Leitlinie zur Abklärung&Therapie EMF-bezogener Besch

Beitrag von Wuff » 2. April 2012 18:49

A.Z. hat geschrieben:Österreichische Ärztekammer gibt Leitlinie zur Abklärung und Therapie EMF-bezogener Beschwerden sowie Krankheiten heraus.
Die Österreichische Ärztekammer hat endlich eine Leitlinie der zur Abklärung und Therapie EMF-bezogener Beschwerden und Krankheiten (EMF- Syndrom) veröffentlicht!
Danke für den Hinweis. Die eigentliche Leitlinie findet sich hier: http://www.aerztekammer.at/documents/10 ... tlinie.pdf . Sie ist es wert, dass sie hier noch eingehend kommentiert wird.

Wuff

Endlich richtig benannt: Das EMF-Syndrom

Beitrag von Wuff » 4. April 2012 09:48

Endlich richtig benannt: Das EMF-Syndrom

Die sachlich falschen und für propagandistische Zwecke missbrauchten oder sogar speziell dafür erfundene Begriffe wie "Elektrosensibilität" (ES), "Elektrohypersensibilität" (EHS), "IEI-EMF" (auf EMF bezogene idiopathische Umweltempfindlichkeit) werden ersetzt durch den Fachbegriff EMF-Syndrom.

Ich selbst war schon lange auf der Suche nach einem sachgerechten Ersatz, und neigte zu "EMF-Stress", was aber den Nachteil hatte, möglicherweise nur eine von mehreren Auswirkungen von EMF auf den Menschen zu beschreiben.

Auch habe ich die EMF-Auswirkungen in Anlehnung an die Arbeit von Dr. med. Edith Steiner im Rahmen des Projekts der AeFU aufgeteilt in drei echte Formen und eine unechte: Ich werde meine Analyse hier mit derjenigen der Österreichischen Ärztkammmer abgleichen.


Es ist das Verdienst der Österreichischen Ärztkammmer, die meines Wissens erste deutschsprachige medizinische Leitlinie zur Abklärung und Therapie des EMF-Syndroms geschrieben zu haben.


Zum Thema medizinische Leitlinien:

Allgemein: http://de.wikipedia.org/wiki/Medizinische_Leitlinie

Deutsche Leitlinien der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.) http://www.awmf.org/leitlinien/aktuelle-leitlinien.html

unsereiner
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Re: Das EMF-Syndrom

Beitrag von unsereiner » 4. April 2012 16:11

Wuff hat geschrieben:Endlich richtig benannt: Das EMF-Syndrom

Die sachlich falschen und für propagandistische Zwecke missbrauchten oder sogar speziell dafür erfundene Begriffe wie "Elektrosensibilität" (ES), "Elektrohypersensibilität" (EHS), "IEI-EMF" (auf EMF bezogene idiopathische Umweltempfindlichkeit) werden ersetzt durch den Fachbegriff EMF-Syndrom.
Sehr hilfreicher Schritt! Und noch dazu von einer Ärztekammer.

Wuff

Zu Seite 1

Beitrag von Wuff » 5. April 2012 12:59

Jeder kann die Leitlinie ( http://www.aerztekammer.at/documents/10 ... tlinie.pdf ) selbst lesen und verstehen, denn sie ist in verständlichem Deutsch abgefasst. Weil diese Leitlinie aber einen Meilenstein im praktischen Verständnis des EMF-Syndroms und im Umgang mit den davon betroffenen Menschen ist, fasse ich das Wichtigste zusammen und kommentiere es.


Zu Seite 1

In der Einleitung steht, Elektrosmog könne neben den bekannten psychosozialen Gründen mit eine Stressursache sein: „Neben chronischem Stress im Sozial- und Arbeitsumfeld, ist die Zunahme der Elektrosmogbelastung in Haushalt, Arbeit und Freizeit eine bisher wenig beachtete Ursache. Dies korreliert mit dem Bild von chronischer Überlastung bis zum Burnout.“ Folgerichtig wird der Ursache „Elektrosmog“ mit System nachgegangen: „Kernelement ist ein Patientenfragebogen bestehend aus einer allgemeinen Erhebung von Stresssymptomen, sowie einer spezifischen Erfassung der Elektrosmogexposition.“

Es wird auch sachgerecht umschrieben, was unter dem umgangssprachlichen Arbeitsbegriff „Elektrosmog“ verstanden wird: „Menschen sind in unterschiedlichem Ausmass zunehmend einem 'Gemisch' nieder- und hochfrequenter elektrischer (EF), magnetischer (MF) und elektromagnetischer Felder (EMF) unterschiedlicher Signalmuster, Intensitäten und Einwirkzeiten technischen Anwendungen ausgesetzt.“ Es wurde zutreffend erkannt, dass nicht nur die Frequenz und die Intensität, sondern auch die Art der Felder, die Signalmuster und die Einwirkzeiten für die gesundheitliche Belastung relevant sind.

Es gibt in dieser Leitlinie nicht eine einseitige Schuldzusprechung an den Mobilfunk, sondern es werden die verschiedensten Quellen von EMF aufgezählt, bei denen Symptome bei Exposition beobachtet wurden: „Funkwellen, z.B. von schnurlosen Telefonen, Mobilfunksendern, Handys, GPRS/UMTS/Datenkarten für Laptops/Notebooks und Wireless LAN (WLAN) … elektrischen und magnetischen Feldern, die von Leitungen, Geräten und Anlagen ausgehen“.

Was kann und soll nun der Arzt in dieser nicht a priori eindeutigen Lage tun? Er muss den zunächst erst nur vermuteten Zusammenhang zwischen EMF-Emmissionsquelle und Stresssymptomen anhand genauer zeitlicher und örtlicher Zuordnung verifizieren: „Ein zentraler Punkt im Hinblick auf die kausale Zuordnung von Symptomen ist die Anamnese zeitlicher und örtlicher Abhängigkeiten von Beschwerden, die speziell bei umweltbezogenen Ursachen, wie z.B. einer EMF-Exposition relevant sind.“

Diese sachliche, vorurteilsfreie und nüchterne Herangehensweise kontrastiert positiv zu der von der ICNIRP und dem WHO Fact (sic!) Sheet 296 verbreiteten ideologiegeladenen Dogmatik. - Wir kommen noch darauf zurück.

Wuff

Zu Seite 2

Beitrag von Wuff » 6. April 2012 16:59

Wir kommen zu
Seite 2
der Besprechung der EMF-Leitlinie der ÖÄK ( http://www.aerztekammer.at/documents/10 ... tlinie.pdf ).


Systematisches Vorgehen statt Stochern im Nebel oder Ignorieren

Weil „die Frage nach der Bedeutung sogenannter athermischer Wirkung und nach möglichen Langzeit-Wirkungen im Niedrigdosisbereich vor der Einführung ...“ auch der neuesten Technogien wie die „vierte Mobilfunkgeneration (LTE) sowie smart metering (Strom-, Gas- und Wasserzähler)“ nicht geklärt ist, werden diese „eingeführt, ohne die gesundheitlichen Auswirkungen zu kennen“, was „für die Medizin neue Herausforderungen mit sich“ bringe.

Wenn Patienten „einen Zusammenhang zwischen der EMF-Exposition und Beschwerden vermuten“, und „Ärzte immer mehr mit Beschwerden ungeklärter Ätiologie konfrontiert“ sind, dann ist die Antwort der EMF-Leitlinie auf die „differential-diagnostische Herausforderung eine evidenzbasierte Handlungsstrategie zu verfolgen.“

Zusammengefasst: Die EMF-Leitlinie versucht bewährte medizinische Strategien in einem schwierigen Umfeld anzuwenden, das von stetiger Umweltänderung, von unscharfen Symptomen und ungewissen Wirkmechanismen gekennzeichnet ist.


Kein Verlass auf die Grenzwerte

Zum schwierigen Umfeld gehören weiterhin umstrittene EMF-Grenzwerte. Diese sind weder genügend demokratisch legitimiert, noch ist auf sie Verlass, was auch mit ihrer Geschichte erklärt werden kann. Sie wurden von einem selbst ernannten Verein von industrienahen Elektroingenieuren und ähnlichen akademischen Berufsleuten e.V. in München vorgeschlagen, der sich selbst zur "International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP)“ erhob. Der Gründerpräsident dieses Vereins, Michael „Mike“ Repacholi, übernahm von 1996 bis 2006 die Funktion des EMF-Koordinators der WHO, und diese wiederum übernahm die Empfehlungen des Vereins ICNIRP, die ihrerseits von der EU übernommen wurde (Ratsempfehlung 1999 und Vornorm OVE/ONORM E 8850:2006 02 01 ONORM 2006).

Die Grenzwerte basieren auf einem rein thermischen Wirkmodell, dass keine athermischen Langzeitwirkungen mit einbezieht, und sie schliessen in Anlehnung an das Schwansche Dogma auch athermische Kurzzeitwirkungen aus, die für das EMF-Syndrom hauptverantwortlich sind.


Risiken und Vorsorge unterhalb der gültigen Grenzwerte

In den Anmerkungen zum Hintergrund der EMF-Leitlinie werden Berichte und Empfehlungen erwähnt, die Hinblick auf EMF-Wirkungen unterhalb der Grenzwerte, also auf athermische Effekte, veröffentlicht wurden:
  • 2007 Bericht einer internationalen Expertengruppe, der "Bioinitiative", „der auf Basis der wissenschaftlichen Evidenz Vorsorgemassnahmen bei EMF Expositionen einfordert“
  • 2007 verglich die EU-Umweltagentur Elektrosmog mit anderen Umweltschadstoffen wie Asbest oder Benzol.
  • 2009 forderte das Europaparlament in einer Entschliessung eine Überarbeitung der EMF-Richtwerte der aus dem Jahr 1999 stammenden EU-Ratsempfehlung, die auf die Richtwerte der ICNIRP zurückgeht.
  • 2011 hat die parlamentarische Versammlung des Europarates den Bericht „Die möglichen Gefahren elektromagnetischer Felder und ihre Wirkung auf die Umwelt“ angenommen. Darin werden eine Reihe von Massnahmen zum Schutz des Menschen und der Umwelt insbesondere gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern gefordert. Eine der Empfehlungen ist etwa: „take all reasonable measures to reduce exposure to electromagnetic fields, especially to radio frequencies from mobile phones, and particularly the exposure to children and young people who seem to be most at risk from head tumours" (besonders bei Kindern und Jugendlichen, die das grösste Hirntumorrisiko zu laufen scheinen, speziell die Mobiltelefonstrahlung zu reduzieren)
  • 2011 hat eine Expertengruppe der Internationalen Krebsagentur IARC, eine Teilorganisation der WHO, hochfrequente elektromagnetische Felder als möglicherweise krebserregend für den Menschen (Gruppe 2B) eingestuft.
Wem die wissenschaftliche Erfassung der athermischen EMF-Effekte ein Anliegen ist, der weist wie ich an dieser Stelle darauf hin, dass Hirntumoren nicht Teil des EMF-Syndroms sind, dass ihrer Entstehung aber ebenfalls ein athermischer Effekt von EMF zu Grunde läge, jedoch in keiner Weise notwendig mit demselben Wirkmechanismus.

unsereiner
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Re: Zu Seite 2

Beitrag von unsereiner » 7. April 2012 09:57

Wuff hat geschrieben: Wir kommen zu Seite 2
der Besprechung der EMF-Leitlinie der ÖÄK ( http://www.aerztekammer.at/documents/10 ... tlinie.pdf ).

Systematisches Vorgehen statt Stochern im Nebel oder Ignorieren

...

Wem die wissenschaftliche Erfassung der athermischen EMF-Effekte ein Anliegen ist, der weist wie ich an dieser Stelle darauf hin, dass Hirntumoren nicht Teil des EMF-Syndroms sind, dass ihrer Entstehung aber ebenfalls ein athermischer Effekt von EMF zu Grunde läge, jedoch in keiner Weise notwendig mit demselben Wirkmechanismus .
Möchten Sie den Inhalt des markierten Satzteils etwas ausführlicher erläutern?
1. ... dass Hirntumoren nicht Teil des EMF-Syndroms sind,
2. ... dass ihrer Entstehung aber ebenfalls ein athermischer Effekt von EMF zu Grunde läge,
3. ... jedoch in keiner Weise notwendig mit demselben Wirkmechanismus.

Wuff

Re: Zu Seite 2

Beitrag von Wuff » 9. April 2012 13:56

unsereiner hat geschrieben: Möchten Sie den Inhalt des markierten Satzteils etwas ausführlicher erläutern?
1. ... dass Hirntumoren nicht Teil des EMF-Syndroms sind,
2. ... dass ihrer Entstehung aber ebenfalls ein athermischer Effekt von EMF zu Grunde läge,
3. ... jedoch in keiner Weise notwendig mit demselben Wirkmechanismus.

Danke für Ihre interessanten Fragen.


Zu 1. „Hirntumoren sind nicht Teil des EMF-Syndroms“

Das EMF-Syndrom zeigt sich in unspezifischen Beschwerdebildern nach unmittelbarer Exposition zu EMF, die sich in der Regel nach Beendigung der Exposition zurückbilden; mit anderen Worten: Exposition zu EMF führt bei einigen Menschen zu reversiblen Beeinträchtigungen von Befinden und Gesundheit ( http://www.aerztekammer.at/documents/10 ... tlinie.pdf ).

Hirntumoren sind eine Gesundheitsstörung durch unkontrollierte Vermehrung von Krebszellen, also sehr spezifisch, spezifisch in Bezug auf die Art der Krankheit, nämlich Krebs, und spezifisch bezüglich des Orts der Krankheit, nämlich verschieden Arten von Zellen des zentralen Nervensystems; bei Hirntumoren führt eine Beendigung der Exposition zu EMF nicht zur Besserung.

Wenn lange andauernde EMF-Exposition gewisse Phasen der Krebsentstehung (siehe gleich anschliessend zu 2) ( viewtopic.php?p=62234#62234 ) analog zu psychosozialem Dauerstress durch EMF-Stress bzw. als chronische EMF-Folgeerkrankung fördern würde, dann würden nicht speziell die Hirntumoren, sondern wohl beliebige Arten von Krebs gefördert.



Zu 2. „Der Entstehung von Hirntumoren läge ein athermischer Effekt von EMF zu Grunde“

Die Hypothese, dass EMF speziell Hirntumoren verursachen können, gründet auf der Mikrowellen-Abstrahlung von Mobil- und DECT-Telefonen. Die Antenne dieser Telefone wirkt speziell auf den Kopf und auf die Hand des Telefonierenden. Somit ist das Hirn besonders exponiert. Auch unter Einhaltung der Grenzwerte (2 Watt Sendeleistung) erwärmt sich zwar der Kopf etwas durch die Mikrowellenwirkung, wenngleich diese thermische Wirkung nie ein Ausmass erreicht, das Krebs verursachen könnte; sonst wäre auch jede andere leichte Erwärmung des Kopfes, z.B. durch Überanstrengung, leichtes Fieber, Sonneneinstrahlung krebsgefährlich. Folglich läge einer Entstehung von Hirntumoren durch Mobil- und DECT-Telefone nicht ein thermischer, sondern ein nichtthermischer bzw. athermischer Effekt zu Grunde.


Zu 3. „jedoch in keiner Weise notwendig mit demselben Wirkmechanismus“

Physikalischer EMF-Stress scheint Vorgänge in denselben neuroendokrinen Stressachsen auszulösen, welche auch beim jedermann wohl bekannten psychosozialen Stress aktiviert werden, was mit ein Grund für die Nocebo-Effekte sein dürfte, die im Zusammenhang mit EMF-Quellen beobachtet wurden.

Die Entstehung von Krebs verläuft in mehreren Phasen, welche durch EMF theoretisch beeinflusst und gefördert werden könnten, nämlich Initiation, Promotion, Progression und Metastasierung ( viewtopic.php?p=60481#60481 ).


Diese Vorgänge – EMF-Stress und Krebsentstehung - im menschlichen und tierischen Organismus unterscheiden sich erheblich. Unklar und unbekannt ist, welche Moleküle der menschlichen Zellen auf welche Weise so angeregt werden, dass sie biologisch wirksame Signale an andere Zellen weitergeben. Im Prinzip könnte am Anfang, nämlich dort, wo die EMF sozusagen in den lebenden Organismus eintreten, ein und derselbe molekulare Mechanismus stehen, der auf unterschiedlichen Wegen bzw. Signalketten letztlich die erwähnten Stress- und Tumorförderungsvorgänge auslöst.


Die sehr unterschiedlichen Stress- und Tumorentstehungsprozesse könnten somit denselben Startpunkt haben: Oxidativer Stress kann Tumoren initiieren, oxidativer und nitrosativer Stress wird auf Seite 3 der Leitlinie in Verbindung mit der Auslösung des EMF-Syndroms gebracht. Eine weitere gemeinsame Strecke könnte sein, dass psychosozialer Stress und damit wohl auch EMF-Stress einige Phasen der Tumorentstehung beeinflussen könnte. Diese möglichen Gemeinsamkeiten dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Stress und Krebs zwei gänzlich verschieden Dinge sind, denen gänzlich unterschiedliche biologische Prozesse zu Grunde liegen.

Wuff

Zu Seite 3

Beitrag von Wuff » 10. April 2012 10:00

Zu Seite 3


Bekanntlich ist das EMF-Syndrom noch keine breit anerkannte Gesundheitsstörung. Die Autoren der Leitlinie begründen diese aber doch mit einiger wissenschaftlicher Literatur (genaue Quellen in http://www.aerztekammer.at/documents/10 ... tlinie.pdf ):
  • 2004 Umfrage in der Schweiz: 5% stellten Eigendiagnose „elektrosensibel“
  • 2001 Umfrage in der Schweiz: Symptomhäufigkeit bei „elektrosensiblen“ Personen Schlafprobleme 58%, Kopfschmerzen 41%,
    Nervosität 19%, Müdigkeit 18% und Konzentrationsprobleme 16%.
    Dazu wurden als EMF-Quellen genannt: Mobilfunkbasisstationen 74%, Mobiltelefone 36%, Schnurlostelefone 29% und Hochspannungsleitungen 27%.
    Häufigste getroffene Massnahme zur Reduktion der Symptome war Expositionsvermeidung.
    Nur 13% der befragten Betroffenen kontaktierten ihren Hausarzt.
  • Wissenschaftliche Literatur lässt mehrere Wirkmechanismen offen.
  • Plausibler Wirkmechanismus auf Ebene der Zelle ist z.B. Bildung freier Radikale / oxidativer und nitrosativer Stress, z.B. vermehrte Bildung von Peroxinitrit (ONOO-) mit langer Halbwertszeit aus der Reaktion von Stickstoffmonoxid (NO) und Superoxid (O2-), das viele Stoffwechselvorgänge und Zellbestandteile schädigt.
  • EMF-Syndrom (EMFS) zählt zu den Multisystemerkrankungen wie etwa Chronic Fatigue Syndrome (CFS), Multiple Chemical Sensitivity (MCS), Fibromyalgie (FM), Post Traumatic Stress Disorder (PTSD).
  • EMF-Syndrom werde in Schweden als eine körperliche Einschränkung angesehen und damit als Behinderung anerkannt.
Nicht in der Literaturliste erwähnt, aber wohl berücksichtigt wurde die wegweisende, unabhängig finanzierte Arbeit von Hacker/Pauser (nach dem Sponsor Daniell Porsche auch als "Porsche-Studie" bekannt):

Vollfassung: http://www.salzburg.gv.at/abschlussberi ... ersion.pdf
Kurzzusammenfassung: http://www.salzburg.gv.at/gsmstudie.pdf

Wuff

Seite 4 unten

Beitrag von Wuff » 10. April 2012 17:34

Seite 4 unten


Vor dem Hauptteil der Leitlinie steht auf Seite 4 unten die Frage: „Wann sollte man bei Patienten an EMF denken?“
Die Antwort lautet: Grundsätzlich bei unspezifischen Beschwerden ohne klar erkennbare Ursache, insbesondere wenn vom Patienten der Verdacht „EMF“ geäussert wird. Es wird nicht davon ausgegangen, dass das EMF-Syndrom gleich „selbstdiagnostizierte Elektrohypersensitivität“ sei, wie von vielen „Forschern“ des Wissenschaftszweigs Bioelectromagnetics behauptet wird.

Wenn EMF in Verdacht für die Beschwerden stehen, wird den Ärzten ein Vorgehen in einer bestimmten Reihenfolge vorgeschlagen, die in Abb. 1 auf Seite 5 von http://www.aerztekammer.at/documents/10 ... tlinie.pdf in grafischer Form gezeigt wird.

Der erste Schritt ist
1. Anamnese der Beschwerden und der EMF-Exposition

Um dem Arzt zu ermöglichen, die Beschwerden und eine EMF-Exposition systematisch zu erheben, wird ihm ein ab Seite 15 der EMF-Leitlinie wiedergegebener Patienten-Fragebogen zur Verfügung gestellt.
  • a) Symptomliste
    Die Symptomliste quantifiziert 24 stressbezogene Beschwerden unabhängig von deren Ursache, und was sehr wichtig ist, fragt ihren Beginn ab.
    Die Leitlinie zählt u.a. folgende Beschwerden als EMF-bezogene Symptome auf: Schlafstörungen, Müdigkeit, Erschöpfung, Energielosigkeit, innere Unruhe, Herzklopfen, Blutdruckprobleme, Muskel- und Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Depressionen, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Angstgefühl, Harndrang, Wortfindungsstörungen, Schwindel, Tinnitus, Kopfdruck, Ohrdruck.
    Mit dem Fragebogen wird gleichzeitig der Schweregrad des Beschwerdebildes abgefragt.
  • b) Fragen zur Orts- und Zeitabhängigkeit der Beschwerden
    Wir zitieren hier wörtlich: „Fragen nach Zeiten und Orten mit und ohne Beschwerden bzw. an denen Beschwerden zunehmen oder besonders deutlich sind, sind Hinweise für einen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang. Sie müssen immer im Kontext der jeweiligen Lebensumstände interpretiert werden.“ Diese Fragen sind entscheidend für die Abklärung eines möglichen und wahrscheinlichen Ursache-Wirkungs-Zusammenhangs zwischen EMF-Exposition und Beschwerden.
  • c) Erhebung der EMF-Exposition
    Als drittes werden mit dem Fragebogen sechs verschiedene mögliche EMF-Expositionen abgefragt, und zwar [i[unabhängig[/i] davon, ob der Patient einen Verdacht in Richtung einer EMF-Exposition äussert.
    Weil nur bestimmte EMF-Expositionen wie z.B. die Nutzung von Mobiltelefonen oder schnurlosen Telefonen über die Befragung erhebbar sind, erfordern andere wie z.B. gegenüber hochfrequenten Sendeanlagen, elektrischen oder magnetischen Feldern von Stromleitungen in der Regel eine Messung, zu der die Leitlinie an anderer Stelle besondere Anweisungen enthält. Es sollte sowohl die EMF-Exposition zu Hause als auch am Arbeitsplatz gefragt werden, und es sollte beachtet werden, dass sich die EMF-Expositionen zeitlich und in der Intensität andern können.
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Die Zurverfügungstellung eines einheitlichen Fragebogens an die Ärzte erinnert an das Projekt der Aefu in der Schweiz ( viewtopic.php?t=36090 ). Vielleicht kann die Art der Fragen und der Fragestellung noch verglichen werden.

N.B. Die erste Serie Fragebogen diente den Schweizer Ärzten analog zur Beilage zur ÖÄK-Leitlinien als Informationsquelle über die Patienten, ihr Leiden und ihre Exposition. Daran ist an sich nichts zu beanstanden. Zu beanstanden ist aber, dass die Schweizer Fragebogen entgegen den Erwartungen nicht wissenschaftlich ausgewertet wurden, sondern nur wissenschaftlich anmutend aufbereitet, was einer Täuschung des Publikums und einer Verschleuderung wertvollen Beobachtungsmaterials entspricht. – Die weiteren Fragebogen der industriellen Begleiter ( viewtopic.php?t=36239 )dienten allerdings anderen, manipulativen Zwecken.

Betroffene

Leitlinie zur Abklärung&Therapie EMF-bezogener Beschwerd

Beitrag von Betroffene » 10. April 2012 19:28

Die Leitlinie zählt u.a. folgende Beschwerden als EMF-bezogene Symptome auf. ...

Leider sind unter den häufig auftretenden Symptomen weder Übelkeit, noch Gleichgewichtsstörungen aufgeführt, über welche zahlreiche EMF-Betroffene klagen, obwohl auch dafür in den meisten Fällen keine pathologische Ursache gefunden werden konnte.

unsereiner
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Re: ÖÄK-Leitlinie EMF-bezogene Beschwerden

Beitrag von unsereiner » 11. April 2012 07:41

Betroffene hat geschrieben:Die Leitlinie zählt u.a. folgende Beschwerden als EMF-bezogene Symptome auf. ...

Leider sind unter den häufig auftretenden Symptomen weder Übelkeit, noch Gleichgewichtsstörungen aufgeführt, über welche zahlreiche EMF-Betroffene klagen, obwohl auch dafür in den meisten Fällen keine pathologische Ursache gefunden werden konnte.
Die Kombination Übelkeit und Gleichgewichtsstörungen ( = Befindlichkeit Schwindel) tritt häufig als wenig spezifizierbare Klage v . a. auch bei Kindern auf. in unspezifische Klagen von Kindern wird das häufig mit "Bauchweh", "mir ist unwohl" u. ä. bezeichnet. In meiner Beobachtung sehe ich die Neigung zu solchen Äußerungen deutlich steigen, wenn die Kinder HF-exponiert waren. Dies auch bei Kindern, die in ihrer familiären Umgebung keine bewusste oder kritische Haltung zur EMF-Problematik kennen. Der äußere Anschein der Kinder ähnelt dabei dem Bild der Irritation, das Kinder zeigen, die etwas über das ihnen individuell zuträgliche Maß Karussell gefahren sind oder geschaukelt haben.

Wuff

Zum Fragebogen der Leitlinie

Beitrag von Wuff » 11. April 2012 13:34

Zum Fragebogen der Leitlinie

Betroffene hat geschrieben:Die Leitlinie zählt u.a. folgende Beschwerden als EMF-bezogene Symptome auf. ...

Leider sind unter den häufig auftretenden Symptomen weder Übelkeit, noch Gleichgewichtsstörungen aufgeführt, über welche zahlreiche EMF-Betroffene klagen, obwohl auch dafür in den meisten Fällen keine pathologische Ursache gefunden werden konnte.


Ihr Kommentar wirft drei wichtige und berechtigte Fragen auf:
  • Was ist der Zweck der konkreten Symptomliste deri ÖÄK?
  • Was sind die Grundannahmen zur konkreten Symptomliste der ÖÄK?
  • Gibt es noch andere EMF-Symptomlisten mit anderen Zwecken?
Nun zu den einzelnen Fragen.

Zweck der konkreten Symptomliste
Der Fragebogen dient im Rahmen des Abklärungsschemas der Leitlinie dem raschen vorläufigen Befund, dass ein EMF-Syndrom vorliegen könnte. In Rahmen dieser Zwecksetzung soll ein Fragebogen einfach und zielgerichtet sein. Die Leitlinie legt dem EMF-Syndrom die Annahme zu Grunde, dass EMF-Exposition Stress bei einigen Patienten verursachen kann. Der Fragebogen sucht also zunächst einmal nur nach häufigen Stresssymptomen, die typischerweise bei EMF-Beeinträchtigten beobachtet wurden. Der Zweck des Fragebogens ist diagnostischer, nicht wissenschaftlicher Art, der Fragebogen soll ein Instrument des praktisch tätigen Arztes sein, nicht des Wissenschaftlers.


Grundannahmen zur konkreten Symptomliste
Es gibt mehrere standardisierte Fragebogen zur Erfassung von Stresssymptomen, die zum Teil auch mit der Frage nach den Stressursachen verbunden sind; hier einige Beispiele:

http://stresshealthcenter.stanford.edu/ ... -Flood.pdf

http://www.joerghartig.de/downloads/koe ... ss-und.pdf

http://www.copsoq.de/data/copsoq_fb_lan ... 120905.pdf

Es ist anzunehmen, dass der Fragebogen der ÖÄK zum EMF-Stress sich auch auf derartige allgemeine Fragebogen zu Stress stützt.



Andere EMF-Symptomlisten mit anderen Zwecken
Es gibt EMF-Symptomlisten, die einen wissenschaftlichen Zweck verfolgen, entweder das EMF-Syndrom und seine Ursachen wirklich erforschen und zu beschreiben, oder pseudowissenschaftlich, das EMF-Syndrom zu leugnen, und auch Mischformen. Aus diesem Grund können wir für die Qualität und die Zweckmässigkeit der nachfolgenden EMF-Fragebogen keinerlei Gewähr leisten. – Was irgendwo fehlt, fällt viel weniger auf, als was dort vorhanden ist. Aber irgendwie fällt dennoch auf, dass zum ersten beschriebenen Symptom von EMF-Wirkungen, zum „seltsamen Ziehen der Kopfhaut“ gemäss Schliephake 1932, kaum je in einem Fragebogen überhaupt die entsprechende Frage gestellt wird (Seitenangaben gemäss Anzeige des Acrobat Reader):

Eltiti, p.5, 8, 9: http://www.magdahavas.com/wordpress/wp- ... iti-07.pdf

Seite 32 von https://docs.google.com/viewer?a=v&q=ca ... fTg1jIxMKw

Seiten 23, 26, 29 von http://www.swisstph.ch/fileadmin/user_u ... _2011_.pdf

Seite 55 von http://www.baua.de/de/Publikationen/Fac ... onFile&v=9

Seite 37 von http://bmu.info/files/pdfs/allgemein/ap ... _rs638.pdf

http://www.buergerwelle.de/assets/files ... ebogen.pdf

Eva Weber
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Registriert: 30. Oktober 2009 21:03

Beitrag von Eva Weber » 12. April 2012 10:00

EMF-Syndrom

Schon lange stören mich persönlich Begriffe wie

ES = Elektrosensibilität und
EHS = Elektrohypersensibilität

Ich verwende diese nach Möglichkeit nicht.

Sie öffnen m.E. Tür und Tor zur Verniedlichung der Krankheit und stehen in meinen Augen einer besseren Vorsorge der gesamten Bevölkerung sogar im Wege, denn fast auschließlich hört man aus der Bevölkerung und nunmehr tatsächlich schon aus Kreisen, in denen ich so eine Ansicht nie vermutet hätte:
"Ja, wenn sie so empfindlich sind, wir nehmen ihnen das ja ab, können aber doch nichts dafür, sie sind eben sensibel. Das ist niemandes Problem, alleinig das ihrige. Sie müssen das lösen!" Also eine übliche Sensibilität! Damit kann man ganz bewusst von einer den Menschen unzuträglichen Technik ablenken und das wird uns die nächsten Jahre begleiten.

Der Begriff "EMF-Syndrom", der für mich einzig richtige Ausdruck, wäre nicht so leicht mit anderen Beschwerden, wie Lebensmittelallergien, Feinstaub etc. gleichzusetzen. Denn im Gegensatz zu diesen gibt es kein Entrinnen mehr. Im Gegenteil, es ist das Bestreben jeden Winkel mit EMF bestens zu versorgen. Es ist aufgezwungene Krankheit. Sollte man heute einen Platz finden, der noch einigermaßen erträglich ist, so hat man diesen womöglich morgen schon nicht mehr. Eine Technik macht Menschen buchstäblich "vogelfrei". Man stellt ihnen anheim ihr Problem selbst zu lösen und weiß zugleich genau, dass das nicht möglich ist.

Die Begriffe ES und EHS beziehen sich mMn in erster Linie auf die Person, die darunter leidet. Das EMF-Syndrom bezieht sich auf die Ursache, also auf die durch diese Technik verursachten Symptome.

Vielleicht liege ich damit auch falsch. Aber ich verstehe das so!

Eva Weber

Wuff

Zu „2. Untersuchung & Befunde“

Beitrag von Wuff » 13. April 2012 10:07

Zu „2. Untersuchung & Befunde“

(ab Seite 6 unten von http://www.aerztekammer.at/documents/10 ... tlinie.pdf )

Dass es zum EMF-Syndrom keine spezifischen Befunde gibt, sondern wie auch anderswo festgestellt nur unspezifische Symptome, d.h. Symptome, die auch durch andere Ursachen als EMF verursacht werden können, macht die die Diagnose und Differentialdiagnose für den Arzt zu einer echten Herausforderung.

Da das EMF-Syndrom physikalischem Stress entspricht, der Stressachsen aktiviert, die sich beispielsweise auch bei psychosozialem Stress bemerkbar machen, hat es sich gemäss der Leitlinie bewährt, für die Diagnose und Verlaufskontrolle stressassoziierte Befunde zu erheben und in ihrer Zusammenschau zu beurteilen. Die Untersuchung soll in drei Schritten erfolgen:
  • Schritt 1 Basisdiagnostik: Feststellung, ob Stresssymptome vorliegen
    • Herz-Kreislauf-System: Blutdruck und Puls, inkl. schriftlicher Registrierung des Befindens
    • Urin, Speichel und Blut: Mehrere Hormone
  • Schritt 2 EMF Situation: Messtechnische Erhebung, ob EMF-Belastung vorliegt
  • Schritt 3 spezielle Diagnostik: soll nach Schritt 2 überlegt werden
    Diese Diagnostik ist nicht mehr statisch bzw. punktuell, sondern zeigt durch 24-Stunden-Messungen auch Veränderungen bei Änderung der Exposition an. Dieser interessante Ansatz erfasst die Dynamik des Stressgeschehens als Prozess.
    • Blutdruck, EKG, Herzratenvariabilität (diese als Diagnostik des autonomen Nervensystems)
    • Urin, Blut: Je nach Symptomatik weitere Parameter
Die oberen zwei Drittel des Flussdiagramms auf Seite 5 der Leitlinie zeigen Reihenfolge und das genaue bedingte Zusammenspiel der Erhebungsschritte und weiterer Massnahmen des Arztes.

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