Nach den Strängen zu den Befragungen eröffnen wir hier denjenigen zur Fokusgruppe.
Die „Fokusgruppe“ ( http://de.wikipedia.org/wiki/Fokusgruppe ) ist eine sozialpsychologische Methode. Ihr typisches Einsatzgebiet ist die Ideensuche im Zusammenhang mit Marktforschung ( http://www.uibk.ac.at/smt/marketing/fil ... ing_fg.pdf ), und nicht speziell die Ausarbeitung von Theorien der medizinischen Wissenschaft. Wenn die Methode ausserhalb ihres typischen Einsatzgebietes angewandt wird, dann wird sie sehr auf Manipulationen anfällig, denn bei der Fokusgruppe hängt vieles von der Auswahl der Teilnehmer und nahezu alles vom Verhalten des „Moderators“ ab, der bei dieser Methode die zentrale Rolle spielt.
Wir holen hier die Kritik am Abschnitt zur Methode der Fokusgruppe in der Einleitung nach. Die Verschiebung nach hierher haben wir in http://www.forum.gigaherz.ch/viewtopic. ... 8704#58704 begründet.
- Begleitstudie Seite 12: „Die Fokusgruppe wurde von Heinz Bolliger-Salzmann, Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern geleitet und in Zusammenarbeit mit seinem Team evaluiert. Unter Fokusgruppe wird eine moderierte Gruppendiskussion mit sechs bis ca. zwölf Teilnehmenden verstanden.“
Kommentar: Wurde die Fokusgruppe “moderiert oder gesteuert und gelenkt? Das enge Zeitkorsett und die über der Norm stehende Teilnehmerzahl bedingten eine straffe, zielgerichtete Lenkung und bauten einen Gruppendruck zur Konformität auf. - Begleitstudie: „Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die Teilnehmenden die Fragen diskutieren können und auf ökonomische Weise eine strukturierte Fülle von Daten anfallen.“
Kommentar 1: Handelte es sich um Suggestivfragen? Um offene oder geschlossene Fragen? Wir wissen es nicht, denn die Fragen wurden nicht veröffentlicht.
Kommentar 2: Wurde den Teilnehmern explizit oder implizit vorgegeben, sich wenn möglich zu einigen, wenn möglich zu einer Gruppenmeinung zu gelangen, oder möglichst verschiedenartige Meinungen zu äussern? Auch dieses wissen wir nicht. - Begleitstudie: „Bei der Interpretation ist allerdings auch auf die Dynamik der Informationsgenerierung zu achten, da durch die Struktur einer solchen Fokusgruppe auch eine gegenseitige Beeinflussung in der Tendenz der Antworten entstehen kann.“
Kommentar: Die Autoren nennen hier selbst den Gruppendruck als Schwäche der Methode. Gab es eine bestimmte Dynamik? Aus der publizierten Zusammenfassung der Ergebnisse ist nichts Genaues zum Ablauf ersichtlich. Gab es eine gegenseitige Beeinflussung? Wenn ja, in welche Richtung? Der krasse Gegensatz zu den Ergebnissen der Fragebögen, welche die Ärzte (allem Anschein nach) anonym ausfüllen konnten, lässt eine solche Beeinflussung vermuten. Bei der Fokusgruppe waren die Ärzte alles andere als anonym, jedes Wort wurde digital registriert, was einen Konformitätsdruck bewirkte. - Begleitstudie: „Die Diskussion wurde vom Auftragnehmer, d.h. von qualifizierten Mitarbeitenden der Abteilung für Gesundheitsforschung (AGF) des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin (ISMP) der Universität Bern, moderiert.“
Kommentar: Es scheinen gleich mehrere „Moderatoren“ anwesend gewesen zu sein. Wodurch haben sich diese „qualifiziert“? Welches ist ihre medizinische Qualifikation zur Auswertung der medizinischen Problemstellung zu EMF-Effekten? Nach den akademischen Titeln zu schliessen war überhaupt kein ausgebildeter Mediziner dabei, weder bei den Autoren der Begleitstudie noch bei der Moderation der Fokusgruppe. - Begleitstudie: „Die Dauer der Diskussion betrug zwei Stunden“
Kommentar: Der „Moderator“ steht unter enormen Zeitdruck, durch autoritäre Gesprächsführung Ergebnisse in nur 2 Stunden – abzüglich Einführung und Pause - zu generieren. Dieser Druck überträgt sich auf die Teilnehmer - die in der Gruppe nicht anonym bleiben - konform mit dem gezwungenermassen autoritär agierenden Leiter zu antworten. - Begleitstudie: „Entsprechend handelte es sich bei den Teilnehmenden um Ärzte, Baubiologen und weitere mit dem UMBN assoziierte Personen (z.B. telefonische Anlaufstelle, Supervisionsstelle), die aus verschiedenen Kantonen der deutschsprachigen Schweiz stammten. Insgesamt nahmen dreizehn Personen teil, wovon drei Teilnehmende Baubiologen waren.“
Kommentar 1: 8 Ärzten standen 2 „Funktionäre“ und 3 „Physiker“ gegenüber.
Kommentar 2: Die Teilnehmerzahl überschritt die obere Grenze von 12 um eine Person. Das wiederum verminderte die Redezeit pro Person. Wenn wir von den 2 Stunden angenommene 10 Minuten Pause und angenommene 20 Minuten Redezeit der Moderatoren abziehen, dann bleibt pro Teilnehmer durchschnittlich 6 Minuten Redezeit. Diese Verhältnisse zwingen wohl dazu, sich meist dem ersten Redner anzuschliessen, der vom Moderator bestimmt werden kann. Wenn der Moderator will, kann er das Gespräch präzise in die von ihm gewünschte Richtung lenken.
Kommentar 3: Die circa 25% Baubiologen unter den Anwesenden spielten eine Rolle ähnlich der von „Zeugen der Anklage“. Die Aussagen der „Physiker“, dass alle gemessenen EMF-Werte weit unter den (rein thermischen) Grenzwerten lagen, und ihre Gegenwart als sozusagen unbestechliche technische Experten bedeuteten den Ärzten - wider ihre Erfahrung mit den Patienten - dass EMF keine gesundheitlichen Wirkungen haben konnten und durften. Wir werden gleich sehen, mit welcher Manipulation die Ärzte zu dieser Meinungsänderung „weichgekocht“ wurden.
Kommentar 4: Die 8 anwesenden Ärzte waren eine Minderheit von 44% aller 18 am Projekt teilnehmenden Ärzte. Mit welcher Legitimation konnte diese Minderheit die abwesende Mehrheit vertreten? Gab es Mechanismen, die zu einer besonderen Selektion der Diskussionsteilnehmer führten, beispielsweise überwiegend Ärzte, welche bezüglich EMF-Wirkungen sozusagen industriekonform dachten? - Begleitstudie: „Der [...] Interview-Leitfaden enthielt Fragen zu folgenden Themen:
[...]
• Patienten des UMBN (u.a. Hypothesen zur Symptomentstehung, Merkmale der Patienten, Empfehlungen für eine hilfreiche Behandlung und Beratung) “
Kommentar: Die Einzelfragen werden in der veröffentlichten Fassung nicht offen gelegt. In der kurzen Zeit können sich unmöglich alle 13 Teilnehmer differenziert oder gar kontrovers zum medizinischen Problem von EMF-Einflüssen auf die Gesundheit äussern. Diese Situation führt zu Gruppendruck. - Begleitstudie: „Folgende Ergebnisse der Patientennachbefragung sollten diskutiert werden:
• Ärzte werten das Ausmass des Einflusses der Umweltbelastung auf die Patienten geringer als Patienten. “
Kommentar: Wie kann diese Wertung durch die Ärzte aus der Patienten-Befragung hervorgehen? Woher kommt diese Behauptung überhaupt? Was war die Absicht, dieses Statement von der Fokusgruppe diskutieren zu lassen? Welche ganz besondere Bewandtnis es mit dieser Frage hatte, werden wir noch sehen. - Begleitstudie: „Im Vorfeld der Fokusgruppendiskussion wurde den Teilnehmenden ein kurzer Fragebogen ausgehändigt. [...] enthielt der Fragebogen zwei Einschätzungsfragen. Diese bezogen sich auf das Vertrauen der Patienten (hat es zugenommen, abgenommen oder ist gleich geblieben) und das Erleben des UMBNs der Patienten als hilfreich (eher hilfreich versus eher nicht hilfreich). [...] die Ergebnisse der Patientennachbefragung [...] sollten ihnen erst während der Fokusgruppendiskussion bekannt gegeben werden.“
Kommentar 1: Die Antworten auf diese beiden Einschätzungsfragen mussten vor der Fokusgruppendiskussion abgegeben werden. Es handelte sich nicht um medizinische Fragen, sondern um sozialpsychologische. Man stellt sich sofort die Frage, was soll so etwas bei einem medizinischen Projekt?
Kommentar 2: Die Ärzte mussten eine Einschätzung der Meinung aller Patienten abgeben, nicht nur der eigenen. Diese Fragerei hat die Anmutung eines psychosozialen Spielchens von der Art „Ich weiss was du nicht weisst“; mit Medizin haben die Fragen jedenfalls nichts zu tun.
Kommentar 3: Die Vermutung liegt nahe, dass mit den Fragen zur Wertschätzung der ärztlichen Leistung und Person etwas ganz Bestimmtes für den Verlauf der Diskussion erreicht werden sollte. - Begleitstudie: „Ebenfalls wurden die Teilnehmenden darüber informiert, dass lediglich eine Zusammenfassung in Form anonymisierter Aussagen und aggregierte Daten weitergegeben würden, und nicht eine Auswertung der Aussagen einzelner Personen.“
Kommentar: Diese Zusage ändert nichts daran, dass die Teilnehmer sich während der Sitzung nicht anonym äussern konnten, was wiederum auch nichts am Gruppendruck zur Konformität in einer straff geführten „Vollversammlung“ änderte.